Samstag, 20. Juni 2020

Wind of Change (steife Brise)

Der Kopf ist rund, damit das Denken auch mal seine Richtung ändern kann.

Wie wahr, wie wahr.
Seit einiger Zeit hatte ich ja eigentlich ganz andere Pläne. 
Pläne zwischen Passau und dem Chiemsee, sowie ein paar Bergen dazwischen: Osttirol 360°

Nun, dann ereilte die aktuelle Corona-Krise in Form von COVID-19 die Welt und mir wurde frühzeitig klar, daß eine Länder-übergreifende Hüttentour durch die Berge, in teils anspruchsvollem Terrain bis an die 3.000-Meter-Marke, schwierig werden dürfte und die aktuell obligatorische komplette Vorreservierung der Schlafplätze eine derartige ca. 8-wöchige Wanderung de-facto unkalkulierbar bis unmöglich macht.
Es ist ja alles andere als ungewöhnlich, daß es im Sommer mal 30-50 cm Neuschnee in den Bergen gibt oder andere Extrem-Wetter-Ereignisse wahlweise Fort- oder Hinkommen (je nach Standpunkt/Blickwinkel) unmöglich machen.


Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.

In der Konsequenz - denn Urlaubs-reif bin ich trotzdem, denn die letzte Fernwanderung liegt schließlich schon wieder drei Jahre zurück (Zentralalpenweg 02) - bot sich Wandern in Deutschland an.

Da hatte ich ja auch schon einige Ideen in der Schublade, die dort eigentlich für schlechte Zeiten (wenn die Knie mal nicht mehr so mitspielen und große Höhendifferenzen letztlich zu vermeiden sind) und hoffentlich erst für die fernere Zukunft lagerten.

Also das Schubfach vorsichtig geöffnet, die Pläne abgestaubt, betrachtet, bewertet und ein durchaus interessantes Projekt identifiziert: 
Statt vom Fluß ans Meer (wie bei München-Venedig oder Graz-Monaco) oder vom Fluß zum Fluß/See (Zentralalpenweg 02), könnte man sich ja mal vom Meer gen See orientieren. Und warum nur ein Meer, wenn man gleich zwei haben kann (die Schwaben würden jetzt sogar drei zählen) ?


Gut Ding will Weile haben.

Der europäische Fernwanderweg E1 führt vom Nordkap bis nach Sizilien und somit in Deutschland auch ein Mal der Länge nach von Nord nach Süd, von der dänischen bis an die Schweizer Grenze durchs Land.
Zwischen Flensburg (an der Ostsee) und Konstanz (am "schwäbischen Meer") werden vielfältigste Regionen, verschiedenste Landschaften und etliche Mittelgebirge gestreift und/oder durchschritten.


Da sind viele mir gänzlich unbekannte Landschaften dabei (z.B. zu Fuß durch die Weite zwischen den Meeren: Schleswig-Holstein), aber ebenfalls Gegenden, wo ich seit meiner Kindheit nicht mehr war (z.B. die Lüneburger Heide), und auch der meiner Heimat in Süddeutschland  geographisch näher liegende Abschnitt ist so deutlich westlich, daß er fast gänzlich unbekannt ist.

Es dürfte also in jedem Fall eine Entdeckungsreise werden, ganz im Zeichen des Andreas-Kreuz:



Sicher ist, daß nichts sicher ist. Und selbst das nicht.

Mit Anforderungen, notwendiger Ausrüstung und persönlichen (körperlichen) Herausforderungen für weitere alpine Spaziergänge kenne mich mittlerweile zwar ein wenig aus, längere sommerliche/herbstliche Aktivitäten per Pedes im Flach-/Mittelgebirgsland sind mir bisher aber fremd.

Zum überraschenden Schluß, daß Steigeisen und Grödeln dieses Jahr zu Hause bleiben können, bin ich nach längerem Nachdenken (auf dieser Zugfahrt war ja genug Zeit dazu) noch selbst gekommen, für weitere Tipps und Anregungen habe ich dann mal den aktuellen Wanderführer aus dem Rother-Verlag zum E1 studiert (zumindest den bereits verfügbaren Nordteil; die rechtzeitige Herausgabe des Südteils hat der Verlag zum Unmut des Autors und der Mafia ja verbockt) und ein aktuelles Podcast-Interview von Christine Thürmer (professionale Fern-Wanderin) dazu angehört.

Unisono - auch mein Umfeld hatte sich bereits seit längerem sehr kritisch dazu geäußert, mit bedingt Steigeisen-festen Bergstiefeln (Kategorie C-D) die norddeutsche Tiefebene zu beackern - wird zu leichtem Schuhwerk geraten.

Kürzlich habe ich mir dann wirklich mal (für meine Verhältnisse) leichte Wanderschuhe angeschafft.
So richtig sicher, ob ich damit glücklich werde, bin ich mir aber noch nicht:
  • Recherchen ergaben, daß solches Schuhwerk ja gerade mal 1.000-1.200 km aushält und sich wahrscheinlich nicht mal neu besohlen läßt: Habe ich mir wirklich für einen dreistelligen Betrag WANDERschuhe gekauft oder sind das eigentlich verkappte Badelatschen ?
  • Eine erste kleine Wanderung auf traditionsreicher Test-Strecke war ein Fiasko: Da merkt man ja jeden Kieselstein/jede Wurzel und dann tun einem nach gerademal 20 Kilometern tagelang die Füße weh ?
Die Argumente mit Abwechslung für Muskeln und Gelenke, das leichtere Gewicht, ... klingen in der Theorie ja total überzeugend, aber nüchtern betrachtet sind MEINE Muskeln und MEINE Gelenke evtl. einfach nur Teil von MIR und somit vielleicht einfach genauso leicht-autistisch veranlagte Gewohnheitstiere, die sich noch nie mit Problemen wie einseitigen Belastungsstörungen und deren Folgen, Verschleiß-Erscheinungen oder ähnlichem abgegeben haben.

Ich werde die schweren Bergstiefel wohl vor-frankiert für die Daheim-Bleibenden platzieren und mir zuschicken lassen, wenn es (scheinbar) nicht mehr weiter geht.


Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.

Mal sehen, wie weit die Füße tragen.
Am 23. Juli 2020 soll es losgehen, sagt das Zugticket in den Norden.

16 Kommentare:

  1. Der Endspurt deiner Planungen läuft. Durchhalten und auf das Laufen freuen! Denn, wie Deine Erfahrung zeigt, es findet sich doch immer eine Lösung (bzw. ein frz. Lunchpaket, ein Notlager in einem Heizungskeller etc. oder andere hilfsbereite Menschen)

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    1. Die Bank war jedenfalls schon mal just-in-time hilfsbereit: Statt 7-10 Tagen Bearbeitungszeit, Rückmeldung nach 45,3 h (noch vor Filial-Öffnung) und Unterschriften erledigt um 09:01 Uhr :-)

      Danke für die Motivation,
      K2.

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  2. Es geht also los, ich wünsche Dir viel Freude beim Marsch durch dein Heimatland!

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    1. Hey Gert.

      Schauen wir mal, ob das (nooord)deutsche Flachland für mich besser verträglich ist als die Ebene von Niederösterreich und Burgenland bis zum Wechsel am 02er.
      Aktuell (am Bhf Hamburg Altona) schon mal gefroren: Stark bewölkt und richtig steife Brise.

      Ansonsten verfolge ich (virtuell) die beiden Österreicherinnen auf ihrer Australien-Alternative vom Neusiedler See zum Glockner.

      Heimatland kennenlernen ist dieses Jahr ja wohl "in" (die Schweizerin, die nicht nach USA kam ist ja auch zu Hause unterwegs gewesen).

      Schöne Grüße in den Südosten und auf irgendwann mal wieder in Wien oder der schönen Steiermark,
      K2.

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  3. Go Kai go! Und er läuft wieder.

    Ich wünsche dir, dass du auch auf diesem "Spaziergang" das findest, was du suchst. Leicht neidisch als aktuell "Fusslahmer" werde ich deine Berichte mit Genuss anschauen.

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    1. Hoi Pepi.

      Da Gesundheit das ALLERWICHTIGSTE ist: DIR die besten Wünsche !

      Ich mach ja nur ein wenig Erholungsurlaub.

      Schöne Grüße ins Fürstentum und an die ganze Familie,
      K2.

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  4. Vom Ziel (wobei unser Gästebett ein paar Kilometer im Abseits des Weges liegt) wünsche ich dir blasenfreies, erlebnisfreies Wandern!! Und noch ein Tipp: hier am Bodensee (der im *badischen* Teil von Baden-Württemberg liegt) hört man "schwäbisches Meer" nicht gern. (Liegt Erlangen in Bayern oder in Franken?) Nicht dass die lokale Mafia auf dich aufmerksam wird ;)

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    1. Hallo Hypatia.

      1. Nun, ich hoffe doch, das war kein Freudscher Verschreiber sondern nur ein Flüchtigkeitsfehler und Du gönnst mir schon auch Erlebnisse ?! ;-)

      2. Gerade nochmal nachgelesen: Aus Formulierung sollten mir selbst die kritischsten Badenser kein Strick drehen können, da ich ja im Konjunktiv schreibe und mir die Bezeichnung der verfeindeten Schwaben mir auch NICHT zu eigen mache.

      3. Gretchenfrage zum Schluß: Wie sagt man denn dann in Baden (politisch) korrekt zum großen Tümpel mit dem vielen Nebel und den schönen Bergen auf Sichtweite aber im Non-EUR-Ausland ?


      Liebe Grüße vom anderen Ende der Republik,
      DerPate.

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  5. Hi Kai,
    ich wünsche dir eine tolle Wanderung quer (oder längs?) durch Deutschland! Und wenn es da auch nicht über die ganz hohen Berge geht: da wünsche ich - auch uns daheimgebliebenen Lesern - einen dennoch an HöhePunkten reichen Weg...

    Viel Spaß,
    Martin

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    1. Hallo Martin.

      Ich arbeite hart daran.
      Auch wenn es gerade unfreiwillig spannend wurde, als es 1,5 h bis zu einem Dach über dem Kopf zumindest für die nächsten beiden Tage ging.
      Fürchte die Bodenkontrolle ist bald urlaubsreif ;-)

      Cu K2.

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  6. auf-und-davon23 Juli, 2020 22:01

    Moin Kai,
    herzlich willkommen hier im Norden (viele Schleswig-Holsteiner sagen:) im "schönsten Bundesland" - ich teile dies nicht uneingeschränkt.
    Vielleicht hast Du schon die ersten Kilometer zu Fuß hinter Dir beim Erkunden von Flensburg.
    Für die kommenden Tage wünsche ich Dir perfektes Wanderwetter und freue mich sehr auf unser Treffen im Raum Hamburg!
    Bis dahin
    Stefan

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    1. Moin Stefan.

      Die ersten Kilometer BIS Flensburg absolvierte ich bereits gestern (später dazu mehr).

      Was Temperaturen und Wind angeht ist Schleswig-Holstein gerade wandertechnisch ein "schöneres" Bundesland als Bayern, Hessen, Niedersachsen (zu heiß in den letzten Tagen) oder Hamburg (gestern zu kalt).
      Nur an der Luftfeuchtigkeit und insbesondere an deren Fallerscheinungen in gebündelter Form wäre noch zu arbeiten: Regen maximal nachts wäre besser ;-)

      Cu K2.

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  7. Auch ich habe aufgrund von Corvid meine Graz - Monacco - Pläne gegen heimatliches Wandern getauscht. Bin im August für eine Woche in den ... Schladminger Tauern unterwegs. Ich freue mich auf deine Berichte und vielleicht kann ich mich ja auch überwinden, etwas zu schreiben. lg Volker

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  8. Hallo Volker.

    Das hatte ich mir bzgl. Deiner ursprünglichen Pläne bereits gedacht.

    In den Schladmingern war ich erst letztes Jahr wieder (DAV-Tour).
    Da kann ich Dir Multi von Gert (oder zumindest dortige Station von Steirischer 02er*) empfehlen, Martins Tradi bei der Landavirseehütte (war ich 2x zu faul) und natürlich Stationen Zentralalpenweg/Neu StaDd Wien von mir.

    Schöne Grüße in die Steiermark und schöne Ferien,
    K2.

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  9. Hallo Kai,

    toll dir heute morgen beim Frühstück in Flensburg begegnet zu sein. Danke für das sehr inspirierende Gespräch. Ich werde deinen Blog gespannt verfolgen und mal sehen, wo sich unsere Wege geografisch noch kreuzen werden, wenn auch sicher Zeit versetzt, denn natürlich bin ich mit dem Auto deutlich schneller als du ;-)

    LG und viel Durchhaltevermögen, Katrin

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    1. Hallo Katrin.

      Nun ist auch Tag 01 mit unserer Begegnung online nachzulesen.

      Muß dann nur noch ein paar "h" eliminieren. Sorry.

      Das Frühstücksgespräch fand ich auch klasse !

      Mit der Inspiration solltest Du vorsichtig sein. Man sagt, alle 4 Jahre (Corona-bedingt diesmal wohl erst im 5. - Herbst 2021) trifft sich Selbsthilfegruppe der von mir mit Flöhen ins Ohr Geschädigten in Oberbayern ;-)

      Dir noch eine schöne Reise,
      K2.

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