Samstag, 28. August 2021

Tag 36: Auf dem rechten Auge blind ?

Essentho Adorf
(24,1 km - 490 Hm auf - 570 Hm ab)

Vor dem Loslaufen gilt es heute erstmal ein ordentlich deftiges Frühstück ("Strammer Max") wegzuschlagen. Die angebotene Frühstückstüte für "Reste" finde ich allerdings etwas lustig: Welche Reste ?

Nachdem die Straße von Essentho anch Marsberg hinunter sowieso gesperrt und komplett weggefräßt ist (6 Monate prognostizierte Sperrzeit, die effektive Bauzeit dürfte nicht mehr als 2-4 Wochen betragen, setzte aber voraus, daß auch daran gearbeitet werde - wie zu Hause: Willkommen in Deutschland !), gehe ich die ersten Meter auf diesem überdimmensionierten Wanderweg bis zur Abzweigung des Wanderwegs in den Wald.


Am Rand von Marsberg beginnt es mal wieder heftiger zu regnen und so zücke ich den Schirm. Was ich gestern noch als Nachteil sah: Die Sichtbeschränkung nach rechts, erweist heute plötzlich große Vorzüge: Mir entgehen so ca. 95% der Wahlplakate (üblicherweise ja am rechten Straßenrand und oben montiert). Echt cooler Spamfilter und pünktlicher Regen: Als ich die dicht besiedelten Gebiete später wieder verlasse, verschwindet auch das Naß von oben.
Nur einem Merz auf der LINKEN Straßenseite (liebe CDU: wie konnte DAS passieren ?) kann ich nicht entkommen.

Ha, Merz + Weselsky (der Typ von der Lokführre-Gewerkschaft GDL) gäben ähnliches (Alp-)"Traum"-Duo wie Laschet + Söder, Esken + Walter-Borjans, Wagenknecht + Lafontaine ab (zu Gelben und Grünen fallen mir jetzt eher Einzel-Pfeifen ein).
Die Steigerung wäre dann vielleicht nur noch Dobrindt + Scheuer (da könnte man ja durchaus Anzeichen von Hirnabstinenz attestieren). Bei Merz (der hier im Hochsauerland ja für das Direktmandat kanditiert) denke ich eher, das es an suboptimaler Nutzung von Kapazitäten liegt*, wenn Theoretiker und Praktiker aus dem wirtschaftlichen Bereich dem selbsternannten "Wirtschaftsexperten" zuletzt am wohlwollensten Lösungskompetenz (für Fragestellungen der 90er Jahre) bescheinigten.
Eigentlich sind es genau genommen ja aber sowieso eher Duette (zeitlich partielle Zusammenarbeit) als Duos.

Aber Schluß mit Politik, weiter mit lustig:


Aus dem Tal von NIEDERmarsberg geht es ordentlich den Berg zu den Resten der alten Festung hoch, wobei ich mir den gemütlichen E1-Anstieg gönne, statt den steilen direkten Weg: 


Oben lacht schon wieder die Sonne...


DIe Szene an der Kirche erinnert mich an den Beginn eines Buches, welches ich kürzlich zu lesen begonnen habe: Eine gebürtige Coburgerin legt sich einen Esel zu und will mit ihm von Oberbayern bis ans Meer in Italien wandern: 


Heute geht es nicht nur an Almen vorbei, sondern gleich mittendurch:


Gut, daß ich heute keine Vaishavi an der Leine dabei habe und so bin ich den Rindviechern im weiteren Verlauf auch völlig wurscht und kann unversehrt von dannen ziehen.


Auch heute wieder ein Wechsel von (dichtem) Wald und offenen Stücken mit Blicken ins Tal bzw. über die Hügel.


Meine zweite Pause lege ich dann an einer besonders nett gelegenen und ausgestatteten Schutzhütte ein, die neben Grill- und Spielplatz auch gleich noch über einen Pool verfügt:


Auch wenn es mit 19°C heute etwas frühlingshafter ist, für's Baden ist es mir denn doch zu kalt.

Jede Menge Viecher gibt es dann vor dem nächsten Ort noch zu bestaunen:



Im Ort Giershagen noch Hinweise auf den früheren Bergbau hier in der Gegend:


Als ich die Windräder passiert habe, bin heimlich, still und leise über die "grüne" Grenze (zumindest politisch: sprachlich, kulturell und touristisch allerdings NICHT) nach Hessen eingereist.

Nach Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Nord-Rhein-Westfalen nun also das fünfte Bundesland auf meiner Reise. 


Am Ziel bin ich trotz des neuen Spätstartrekords doch wieder zu früh und "darf" (grün auf weiß) lesen, wohin der Personalmangel in Deutschland mittlerweile führt:


Der Tag ist gerettet, als der Wirt um kurz nach 17 Uhr auftaucht und betont, daß es für Hausgäste etwas zu essen gibt.

* Sicherlich KANN man (also ich nicht: 2 linke Hände) auch mit der spitzen Seite eines Schraubendrehers sich rostigen Nagel ins Knie hämmern und Fische drin züchten. 
Allerdings erscheint dies eher jenseits des optimalen Werkzeugeinsatzes.
 

Begegnungen:

- affenartig springendes Eichhörnchen (Murmeltier der Mittelgebirge ?)

- örtliche Walkerin mit Allgäu-Faible

- grüne Libelle

- 4 Schafe


Tag 35: It's tea time

Kleinenberg Essentho
(24,0 km - 530 Hm auf - 440 Hm ab)

Der Morgen beginnt grau (vor der Tür) und grandios (drinnen): Matt hat aufgetischt.

Von Ei über Joghurt, Nutella bis Wurst, Gemüse bis Früchte, O-Saft bis - ja, das ist das Highlight, was am Vorabend schon versprochen worden war - schwarzer Tee.

Also so RICHTIG (englischer) Schwarzer Tee - daß der Kanadier 11 Jahre auf der Insel gelebt hat, merkt man halt. Wie gut, daß er "nur" die feinen Tee- aber nicht die ...... Kochkünste von dort mitgebracht hat (Aufgabe: finde geeignete Adjektive für den Platzhalter) ;-)

Neben dem besten Tee seit der dänischen Grenze gibt es 4 Brötchen und 2 Scheiben Brot. Und gleich noch ein paar Papierbrotzeittüten zum Einpacken unterwegs. Das ist nämlich für EINE Person. Entweder sah ich besonders schlecht aus oder die Monteure die sonst hier viel nächtigen Essen für drei.

Beim Loslaufen hat es heute deutlich unter 20°C. Aber im Fadenkreuz der Wilderer und gleich mal 100 Hm gen Süden bergauf, zurück auf die E1-Markierung heizen einem ein, so daß man auch bei 16°C Außenherbst auf Betriebstemperatur kommt.


Zwischendrin ein interessantes Schild, was "zur Oma" weist, die hier ein paar Meter ab vom Weg im Wald steht:


Am Baum neben der kuriosen Felsnadel suche ich dann zwar (mal wieder) nicht, aber finde einen Geocache. Irgendwas mit "Großmutter", aber mutmaßlich eine PM-Dose denn abends wird sich im Wald südlich von Kleinenberg/Lichtenau nichts passendes auf der Karte finden.

An einem RIESIGEN Insektenhotel (ca. 20 cbm umbauter Raum) auf der Anhöhe und beim erreichen des E1, stelle ich mich erstmal kurz unter den der Niesel aus dem Nebel bzw. den tiefhängenden Wolken ist unangenehm stark geworden.


Also Überzieher auf den bereits angefeuchteten Rucksack und ausfahren meiner neuesten Errungenschaft: Ein Schirm. Aber nicht irgendeiner, sondern "handsfree" und "backpack".
Nachdem die Nachfragen vor Jahr und Tag bei der Wien-Kärnten-Autoren-Fraktion zu diesem Thema bzw. dem Nutzen im Mittelgebirgseinsatz eher ausgingen wie das Hornberger Schießen, hatte ich mich dieses Jahr zum Selbstversuch entschlossen.
Gut, daß nach knapp einer Woche unterwegs endlich mal passendes Schietwetter ist.
Also den Rucksackschirm in die dafür vorgesehenen und bereits zu Hause installierten Hardware-Erweiterungen geklippst, System hochgefahren und das nur (einfach) Achsen- (aber nicht Dreh-)symmetrische Teil vom Winkel her passend konfiguriert. 

Und weiter geht's...

Bald darauf kommen mir 3 junge Leute entgegen (2 Mädels + 1 Kerl), die gestern auf den Hermannshöhenweg gen Norden gestartet sind.
War ganz lustige Situation: Die beiden Mädels schauten sich am Fuße einer Felswand suchend um, ich stand oben und schaute mich suchend um (wobei ich vom GPS schon wußte, daß es einen großen Bogen zur Umgehung gab) und per Handzeichenkommunikation einigen wir uns auf die (richtige) Richtung - wo auch die männliche Vorhut der beiden bereits eine Foto-Falle platziert hatte, in die ich dann vermied hinein zu tappen.

Im weiteren Verlauf brachte der Tag wahres Aprilwetter. Das Herunterfahren der Schirmkonstruktion konnte immer im Laufen erfolgen, nur das richtige Verstauen erforderte das Absetzen des Rucksacks. Dafür brauchte ich keinen Anorak, keine Regenhose und mußte auch von der Ausrüstung (z.B. Fotoapparat) nichts wegpacken. Nachdem das System 1x klar (und optimiert) war, konnte das vom Rucksack nehmen und aufspannen dann allerdings sogar im laufenden Betrieb erfolgen.
Summa summarum: Funktioniert (bisher) in diesem Terrain ganz gut, allerdings ist das Zusatzgewicht mit knapp 600g aber auch nicht zu unterschätzen. 


An der Stadtwüstung Blankenrode (DIESE Stadt im Wald existierte nur 150 Jahre) kann man heute nur noch den Brunnen auf dem Hügel leicht entdecken, aber zwischendrin waren Audioinstallationen auf einem Lehrpfad für Kinder installiert, die durch Bewegungsmelder ausgelöst, einem verschiedene Situationen und Stationen aus dem früheren Leben hier näher brachten. 

Kurz bevor ich das Gebiet durch das (imaginäre) Stadttor wieder verließ, konnte man an dieser Stelle wohl nur einen DNF von "Suchern" vor mir konstatieren:


Hoffen wir mal für die Menschheit, daß das beborstete 4-beinige Schweine waren ;-)


Als ich gegen Mittags mich näher dem Studium der Mitbringsel vom Frühstück widmen will und ob der Sitzgelegenheit am Waldrand in Straßenknick noch nicht so ganz überzeugt scheine, hilft ein Blick auf's GPS, wo ich alle Unterstandshütten am E1 in Deutschland importiert habe: Jepp, 140m den Weg weiter erwartet mich eine super Pausen-Location:


Hinter dem "Haus" gibt es sogar Brennholz und Brunnen für Hunde:


Dort holt mich Harald ein (der 12-Tages-Weitwanderer, der mir ab dem Hermannsdenkmal immer wieder mal über den Weg gelaufen war). Wir kommen ins Gespräch und gehen bis zum nächsten Ort (seinem heutigen Etappenziel - ich habe dort noch 10km vor mir) zusammen weiter.
Er war schon in vielen Mittelgebirgen, an der Ostsee, im Baltikum, Polen, ... zu Fuß unterwegs. Meist mit Zelt. Nur hier hat er nach einer durchfrorenen Nacht (mit Jacke und allem was er hatte IM Schlafsack) bei Lemgo vom Zelten abgesehen und damals in Polen ("da waren die Quartiere so günstig, da habe ich Zelt und Schlafsack nach Hause geschickt").

Die Bleikuhlen nach Blankenrode sind ein Relikt des früheren Schwermetallabbaus. Teils in Tagebauform wie hier:  


Die Rückstände im Boden, an der Oberfläche und im Pflanzenwirksamen Wasser sind EXTREM. Kaum eine Pflanzenart überlebt dies, aber auch für solche speziellen Verhältnisse hat Mutter Natur etwas vorgesehen: Auf der ganzen Welt gibt es nur hier das violette Galmeiveilchen:


"Galmei" steht übrigens in der Fachsprache für giftiges Zinkerz.

Im Vergleich zu den letzten Tagen geht es heute immer wieder über Hügel und nicht nur auf diesen entlang, außerdem gibt es häufiger mal freie Abschnitte (mit Ausblick), auch wenn es dazwischen auch wieder größere (Laub-)Waldabschnitte gibt.


An manchen Stellen ist der Boden fast 10 Zentimeter mit (grünen) Nadeln bedeckt. Vom Sturm oder Anzeichen des Absterbens ?


Dann beginnt es mal RICHTIG zu schütten und die nächste Schutzhütte am Waldrand kommt wie gerufen. Als ich flott um die Ecke biege, muß ich erstmal eine Vollbremsung einlegen und die 3 anderen etwas zusammenrücken: Ein junges Pärchen, was in Bielefeld vor ein paar Tagen gestartet war (und augenscheinlich draußen übernachtet) ist hier mit dem 5-jährigen, kohlraben-schwarzen Hund untergekommen und wird ob des Wetters nur noch bis Marsberg gehen und dann heimfahren.


Nachdem der schlimmste Regen vorbei ist, geht es für mich in den noch gut 7 km langen Endspurt, wobei sich Sonne und Regen weiter abwechseln. 3-Wetter-Taft habe ich zwar nicht, aber mein Schirm hält beides ab :-)



Nach derartigen Schlammstrecken hoffe ich immer auf Säuberungsabschnitte, um in der Unterkunft nicht schief angeschaut zu werden.


Bisher ist sich das noch immer ausgegangen.


The trail provides.
In jeglicher Hinsicht :-)


Begegnungen:

- 3 junge Weitwanderer

- Eichhörnchen, das Männchen macht

- Harald aus dem Siebengebirge

- junges Pärchen mit 5-jährigem Hund, die in Bielefeld zu Fuß gestartet waren - gibt's doch gar nicht

- 2-köpfige Rentner-Gang an letzter Schutzhütte vor Essentho

- Debbie, die holländische Chefin in der Unterkunft


Donnerstag, 26. August 2021

Tag 34: Wer hat an der Uhr gedreht ?

Bad Driburg Kleinenberg
(26,0 km - 490 Hm auf - 380 Hm ab)

Am Morgen ist mir die Zeit ausgegangen. Also stehen geblieben. *argh* die Armbanduhr. Seit längerer Zeit geht sie immer mal nach, manchmal aber tagelang auch gar nicht falsch. Heute Morgen gibt es dann ein mechanisches Knacken beim Richtigstellungsversuch und dann geht augenscheinlich gar nichts mehr.

Letztes Jahr schon Batterie getauscht und nach der Tour sollte sie sowieso ausgemustert werden.
Irgendwie richte ich meine Armbanduhren immer wieder recht schnell zu Grunde. Also mit Wanderhosen (und deren Schritt) ging mir das ja auch immer wieder so, bis ich mal geeignetes Modell gefunden habe (etwas Stretch und schon kein Problem mehr ;-).

Nur mit den Uhren ist das noch so eine Sache, kann doch gar nicht so schwer sein:
- analoges Ziffernblatt
- 11 arabische Zahlen
- Datumsangabe (möglichst ohne Tag)
- schlankes/schmales Design
- kein Metallarmband (möglichst Leder)
Also wer Tipps jenseits von Swatch hat, nur raus damit.

Im Hier und Jetzt muß eben das GPS als Uhr herhalten und das Handgelenk bleibt frei (vielleicht sollte ich mit Edding 5 vor 12 drauf pinseln, damit es nicht so nackt aussieht ?):


Direkt an meiner Unterkunft beim Grünen Elefanten abzweigend, führt mich der Bäderweg und nun deckungsgleich der Jakobsweg gen Süden durch die Stadt und aus ihr hinaus.

Nachdem ich gestern einen Tagesnettoverlust von 100 Höhenmeter angesammelt hatte, muß ich nun zum Ausgleich des Saldos (und Zinsen) erstmal 200 Höhenmeter bergauf. 


Ist der Weg am Anfang noch asphaltiert, bekomme ich schon bald einen Vorgeschmack für große Teile des heutigen Weges: Singletrails :-)



Am Ende des Anstiegs bin ich erstmal etwas irritiert: Vielleicht war der junge Mann im Naturfreundehaus doch nicht gar so geographisch verpeilt ?


Die Sache mit den Sachsen klärt sich dann aber auf den Infotafeln der alten Iburg-Ruine: Das war eine Fluchtburg der sächsischen Bewohner der Gegend zum Schutz vor den fränkischen Nachbarn, die von Karl dem Großen in den Sachsenkriegen erobert wurde. Nun, jetzt ist halt Kai der Franke hier auf dem Durchmarsch :-)

Im weiteren Wegverlauf komme ich mir zwischenzeitlich wie im Urwald vor:


Wobei der Farn eigentlich kein Problem ist, da er keine Tropfen vom nächtlichen Regen
hält - ganz im Unterschied zu Brennesseln, Buchen, Haselnußstauden oder ähnlichem, die mir beim Abstreifen jeweils ordentliche Dusche verpassen.

Ein Portal zum Notausstieg brauche ich aktuell Gott sei Dank aber nicht, so lasse ich diesen Abzweig links liegen und widme mich in der Folge erneut dem Hase-und-Igel-Spiel 2.0 (mit angepaßter Doppel-Besetzung).


Waren mir beim Frühstück nach 1,5 Tagen die "beiden Stoffel(hasen)" am Nebentisch bereits wieder begegnet (und hatten diesmal sogar so etwas wie "Guten Morgen" heraus gebracht), so war ihnen der Igel (K2 mit der 5mm-Stachel-"Frisur") dann plötzlich voraus, als er Straße von einem Singletrail in den nächsten querte und sie überraschend im Rückspiegel erkannte: Mmmh, die mußten wohl suboptimale Route gewählt haben, anders ist das kaum zu erklären, wie sie so plötzlich hinter mir und auf der Straße sein konnten.

Da ich tendentiell ja immer etwas flotter als die beiden unterwegs war, sind sie dann erstmal wieder aus den Augen, aus dem Sinn.

Bei einem Gespräch mit einer Gruppe älterer Radler werde ich aber wieder eingeholt (nur keine Pausen machen und keine unnötige Konversationen mit anderen !) und die beiden stehen dann dafür etwas ratlos/suchend (wie bestellt und nicht abgeholt, würde mein Vater wohl meinen) an einer Kreuzung.
Da gehe ich dann schnurstracks vorbei und zielsicher in den falschen Weg: Den Haken des E1 nach Nordosten finde ich etwas deppert und so biege ich lieber die nächste wieder links nach Osten ab, auch wenn es da erstmal Sumpfgebiet zu queren gilt.
Die beiden Herren marschieren erstmal hinter mir her, aber sicher fehlgeleitet weiter nach Süden - naja, sie werden schon wissen, was sie tun. Sonst hätten sie ja sicherlich um Rat gefragt - der erste Ratschlag von mir ist ja auch (meistens) kostenlos (Stichwort: Einstiegsdroge ;-).


In der Folge biege ich dann wieder rechts ab und lande zielsicher (Karte sei Dank) erneut auf dem E1 weiter den Höhenzug entlang. Immer wieder entdecke ich Fußspuren im matschigen Boden, aber nur von einer Person.

An der Abzweigung hinunter nach Willebadessen steht dann wieder mal eine Schutzhütte und der Igel gönnt sich eine längere Pause.
Nach ca. 15 Minuten tauchen die beiden Hasen auf.
Bin schon da ! - Strahlt unausgesprochen aus meinen Gesichtszügen.

Jetzt ist der Jüngere denn doch nicht mehr zu halten - obschon sie jetzt nur noch zum Zug nach ihrer 3-tägigen Wanderung absteigen müssen - die Neugier siegt: Wie hätten sie denn nun eigentlich richtig laufen müssen, will er von mir wissen. Eine unserer leichtesten Übungen, würde mein Patenonkel jetzt wohl sagen... ;-)
Ich kläre ihn auf und wundere mich, daß sich heute noch jemand AUSSCHLIESSLICH auf Navigation per Sonne verläßt (nur so kamen sie schließlich zurück auf den richtigen Weg) - das kann nicht nur nachts ganz schön ins Auge gehen - von den hämischen Igeln an den Wegpunkten mal ganz abgesehen *kicher*.


Mit einem sollte der Mann allerdings FAST Recht behalten: Ab 14:00 Uhr Regen.


Um 14:02 Uhr beginnt es zu regnen.
Wie üblich starte ich erstmal eine Diskussion mit Petrus, WIE ernst das jetzt zu nehmen sei.
Wie zuweilen, setzt sich mein Dickkopf (vorerst) durch und gegen 14:05 Uhr ist diese Episode erstmal wieder maßnahmenlos beendet.


Die finnischen Kollegen von der Aufräumfraktion treffe ich danach auch wieder, wobei sie hier augenscheinlich ganze Arbeit geleistet und sogar den Himmel blau angestrichen haben: Gute Miene zum bösen Spiel ?


Ich habe den E1 zwischenzeitlich verlassen, um gen Kleinenberg zu kommen, meinem heutigen Tagesziel.

Da es in Kleinenberg wohl eher weniger große Berge gibt, sind auch die Kühe noch gar nicht von der Alm ins Tal abgetrieben:


Nachdem es gerade mal 14:45 Uhr ist, als ich im Ort ankomme, will ich nochmal auf einer Bank pausieren, um nicht gar zu früh am Ziel anzukommen, aber nach wenigen Minuten meint es Petrus diesmal WIRKLICH ernst, ich spute mich, die restlichen Meter zur Unterkunft und die Senior-Chefin zu überreden, daß ich wirklich der richtige Gast bin (da waren heute wohl schon andere unterwegs - skurril).

Dafür, daß heute nicht geöffnet ist, geht es mir abends eigentlich gar nicht so schlecht:


Und das Gespräch mit dem Kanadier mit britischem Paß (in Cambridge HR-Manager einer großen Lebensmittel-Supermarkt-Kette, nun Gastwirt in NRW auf dem Land) ist auch ganz unterhaltsam.


Begegnungen:

- die 2 Stoffel

- Rentner-Radel-Gruppe

- kleine Feldmaus

- Matt der kanadische Wirt (ehemaliger HR-Manager) mit englischem Paß, nur wählen muß die (deutsche) Ehefrau 

Mittwoch, 25. August 2021

Tag 33: Sternenhimmel

Feldrom Bad Driburg
(18,2 km - 300 Hm auf - 400 Hm ab)

Nachts wache ich in meinem Mansardeneinzelzimmerchen über den Privaträumen der Chefin des Naturfreundehauses mit schrägen Wänden an drei Seiten mal kurz auf.

Direkt über meiner Schlafcouch ist ein großes Dachflächenfenster und ich schaue in einen WAHNSINNIGEN Sternhimmel. Das Haus liegt recht einsam im Wald, etwas erhöht, kein Ort ist direkt anbei und es ist eine richtig klare Nacht.

Sehr spektakulär und ich muß dafür nicht mal im Freien schlafen, was recht frisch gewesen sein muß, wie ich später noch erfahren werde ;-)

Den ganzen Tag geht mir dann prompt der Ohrwurm des NDW-Hits (vor knapp 40 Jahren immerhin auf Platz 2 der Charts) von Hubert Kah nicht aus dem Kopf: Link

Frage an die Experten zu Hause: Ist das im Hintergrund der "Münchner im Himmel" ?


Für mich geht es am Morgen erstmal wieder bergan, um auf den nächsten Höhenzug zu kommen, der sich diesmal Eggegebirge nennt, welches vom E1 quasi in seiner ganzen Länge von 33 km am Kamm abgeschritten wird. Das ist die Kategorie von Mittelgebirge, die so klein ist, daß man sie nichtmal im (bayerischen) Erdkunde-Unterricht der 5. Klasse lehrte - naja, wer weiß, was da heute überhaupt noch gelehrt wird, wenn der Jüngling im Naturfreundehaus fragt, ob ich durch den Harz auch noch komme...

Teilweise ist zwar keine klare Markierung mehr zu finden, aber die um die gefallenen Bäume mäandernden Pfade sind auch nicht zu verfehlen...

Oben angekommen, die nächste skurrile Begegnung im Matsch:

Früher wurden da oben sehr harte Sandsteine gebrochen, die wohl u.a. im Reichstag und im Kölner Dom verbaut wurden, heute findet man noch Sand und Relikte, sowie ein Denkmal mit einem Steinkreis außen herum, wo Richtungen und Entfernungen zu Nah- und Fernzielen eingeritzt sind. 


Interessanter Fun-Fact für die Rechenbegeisterten unter uns: Die Summe der Luftlinien-Entfernungen nach Hamburg und Berlin entspricht sehr genau meiner prognostizierten Geh-Entfernung nach Frankfurt am Main. Hätte nicht gedacht, daß ich noch so weit oben und vor allen Dingen so nah an Berlin dran bin. Kein Wunder, daß die da die Steine verklopft haben ;-)

Kurz danach stolpere ich fast über diesen faulen Stinker:

Nichtmal als ich einen kleinen Ast wenige Zentimeter entfernt mit dem Wanderstock entferne zuckt der faule Hund von Blindschleiche.


Dann wird das Gelände offener und am höchsten Punkt des Teutoburger Waldes (Preußischer Velmerstot, 464m) bietet der Aussichtsturm NOCH erhabenere Fernblicke:

In der Nähe fällt mir aber sofort ein richtig ordentlich beladenes Rad auf, mit dessen Pedalritter ich dann auch gleich noch ins Gespräch komme: Aus Donauries stammend, hat der bekennende Fernradwanderer (@Martin: letztes Jahr Alpe Adria Trail nach Süden und dann Via Augusta zurück nach Norden über die Alpen) die Hochzeit der Schwester in Mönchengladbach genutzt, um mal ein wenig in den Niederlanden und im Nordwesten bis zur Nordsee zu radeln (aber nicht einfach am Fluß entlang, sondern über die Berge, durch die Wälder und mit Übernachtung im Freien).



Der Verlauf des Weges ist heute sehr einfach: Immer geradeaus (und auf der Höhe entlang):


Zwischendrin sind immer wieder nette Pausenplätze bzw. eine Unmenge (für süddeutsche Verhältnisse) an Schutzhütten eingerichtet.

Auch die Wegweiser sind immer mal wieder eine nette Abwechslung.

Wegen meines vom Rother-Wanderführer leicht abweichenden Etappen-Zuschnitts, verlasse ich dann irgendwann den E1, um auf dem sog. Bäderweg nach Bad Driburg abzusteigen. 


Im Hotel brauner Hirsch (warum auch immer: brauner Bär oder roter Hirsch oder blauer Vogel hätte ich ja eher verstanden), habe ich dann auch wieder eine Art "Sternenhimmel": 

Ha, geht doch: Ich HASSE unter"belichtete" Hotel-/Pensionszimmer. Über die groß geschriebenen Variationen davon (also die, die etwas dafür können: denken kann helfen !), lasse ich mich jetzt mal nicht weiter aus ;-)


Begegnungen:

- Eichelhäher

- niederländischer älterer Herr

- Blindschleiche

- Blaubeersucherin mit Kenntnissen der Homöopathie

- bayerischer Fernradler und Wildcamper aus dem Donauries

- blaue Libelle