Donnerstag, 26. August 2021

Tag 34: Wer hat an der Uhr gedreht ?

Bad Driburg Kleinenberg
(26,0 km - 490 Hm auf - 380 Hm ab)

Am Morgen ist mir die Zeit ausgegangen. Also stehen geblieben. *argh* die Armbanduhr. Seit längerer Zeit geht sie immer mal nach, manchmal aber tagelang auch gar nicht falsch. Heute Morgen gibt es dann ein mechanisches Knacken beim Richtigstellungsversuch und dann geht augenscheinlich gar nichts mehr.

Letztes Jahr schon Batterie getauscht und nach der Tour sollte sie sowieso ausgemustert werden.
Irgendwie richte ich meine Armbanduhren immer wieder recht schnell zu Grunde. Also mit Wanderhosen (und deren Schritt) ging mir das ja auch immer wieder so, bis ich mal geeignetes Modell gefunden habe (etwas Stretch und schon kein Problem mehr ;-).

Nur mit den Uhren ist das noch so eine Sache, kann doch gar nicht so schwer sein:
- analoges Ziffernblatt
- 11 arabische Zahlen
- Datumsangabe (möglichst ohne Tag)
- schlankes/schmales Design
- kein Metallarmband (möglichst Leder)
Also wer Tipps jenseits von Swatch hat, nur raus damit.

Im Hier und Jetzt muß eben das GPS als Uhr herhalten und das Handgelenk bleibt frei (vielleicht sollte ich mit Edding 5 vor 12 drauf pinseln, damit es nicht so nackt aussieht ?):


Direkt an meiner Unterkunft beim Grünen Elefanten abzweigend, führt mich der Bäderweg und nun deckungsgleich der Jakobsweg gen Süden durch die Stadt und aus ihr hinaus.

Nachdem ich gestern einen Tagesnettoverlust von 100 Höhenmeter angesammelt hatte, muß ich nun zum Ausgleich des Saldos (und Zinsen) erstmal 200 Höhenmeter bergauf. 


Ist der Weg am Anfang noch asphaltiert, bekomme ich schon bald einen Vorgeschmack für große Teile des heutigen Weges: Singletrails :-)



Am Ende des Anstiegs bin ich erstmal etwas irritiert: Vielleicht war der junge Mann im Naturfreundehaus doch nicht gar so geographisch verpeilt ?


Die Sache mit den Sachsen klärt sich dann aber auf den Infotafeln der alten Iburg-Ruine: Das war eine Fluchtburg der sächsischen Bewohner der Gegend zum Schutz vor den fränkischen Nachbarn, die von Karl dem Großen in den Sachsenkriegen erobert wurde. Nun, jetzt ist halt Kai der Franke hier auf dem Durchmarsch :-)

Im weiteren Wegverlauf komme ich mir zwischenzeitlich wie im Urwald vor:


Wobei der Farn eigentlich kein Problem ist, da er keine Tropfen vom nächtlichen Regen
hält - ganz im Unterschied zu Brennesseln, Buchen, Haselnußstauden oder ähnlichem, die mir beim Abstreifen jeweils ordentliche Dusche verpassen.

Ein Portal zum Notausstieg brauche ich aktuell Gott sei Dank aber nicht, so lasse ich diesen Abzweig links liegen und widme mich in der Folge erneut dem Hase-und-Igel-Spiel 2.0 (mit angepaßter Doppel-Besetzung).


Waren mir beim Frühstück nach 1,5 Tagen die "beiden Stoffel(hasen)" am Nebentisch bereits wieder begegnet (und hatten diesmal sogar so etwas wie "Guten Morgen" heraus gebracht), so war ihnen der Igel (K2 mit der 5mm-Stachel-"Frisur") dann plötzlich voraus, als er Straße von einem Singletrail in den nächsten querte und sie überraschend im Rückspiegel erkannte: Mmmh, die mußten wohl suboptimale Route gewählt haben, anders ist das kaum zu erklären, wie sie so plötzlich hinter mir und auf der Straße sein konnten.

Da ich tendentiell ja immer etwas flotter als die beiden unterwegs war, sind sie dann erstmal wieder aus den Augen, aus dem Sinn.

Bei einem Gespräch mit einer Gruppe älterer Radler werde ich aber wieder eingeholt (nur keine Pausen machen und keine unnötige Konversationen mit anderen !) und die beiden stehen dann dafür etwas ratlos/suchend (wie bestellt und nicht abgeholt, würde mein Vater wohl meinen) an einer Kreuzung.
Da gehe ich dann schnurstracks vorbei und zielsicher in den falschen Weg: Den Haken des E1 nach Nordosten finde ich etwas deppert und so biege ich lieber die nächste wieder links nach Osten ab, auch wenn es da erstmal Sumpfgebiet zu queren gilt.
Die beiden Herren marschieren erstmal hinter mir her, aber sicher fehlgeleitet weiter nach Süden - naja, sie werden schon wissen, was sie tun. Sonst hätten sie ja sicherlich um Rat gefragt - der erste Ratschlag von mir ist ja auch (meistens) kostenlos (Stichwort: Einstiegsdroge ;-).


In der Folge biege ich dann wieder rechts ab und lande zielsicher (Karte sei Dank) erneut auf dem E1 weiter den Höhenzug entlang. Immer wieder entdecke ich Fußspuren im matschigen Boden, aber nur von einer Person.

An der Abzweigung hinunter nach Willebadessen steht dann wieder mal eine Schutzhütte und der Igel gönnt sich eine längere Pause.
Nach ca. 15 Minuten tauchen die beiden Hasen auf.
Bin schon da ! - Strahlt unausgesprochen aus meinen Gesichtszügen.

Jetzt ist der Jüngere denn doch nicht mehr zu halten - obschon sie jetzt nur noch zum Zug nach ihrer 3-tägigen Wanderung absteigen müssen - die Neugier siegt: Wie hätten sie denn nun eigentlich richtig laufen müssen, will er von mir wissen. Eine unserer leichtesten Übungen, würde mein Patenonkel jetzt wohl sagen... ;-)
Ich kläre ihn auf und wundere mich, daß sich heute noch jemand AUSSCHLIESSLICH auf Navigation per Sonne verläßt (nur so kamen sie schließlich zurück auf den richtigen Weg) - das kann nicht nur nachts ganz schön ins Auge gehen - von den hämischen Igeln an den Wegpunkten mal ganz abgesehen *kicher*.


Mit einem sollte der Mann allerdings FAST Recht behalten: Ab 14:00 Uhr Regen.


Um 14:02 Uhr beginnt es zu regnen.
Wie üblich starte ich erstmal eine Diskussion mit Petrus, WIE ernst das jetzt zu nehmen sei.
Wie zuweilen, setzt sich mein Dickkopf (vorerst) durch und gegen 14:05 Uhr ist diese Episode erstmal wieder maßnahmenlos beendet.


Die finnischen Kollegen von der Aufräumfraktion treffe ich danach auch wieder, wobei sie hier augenscheinlich ganze Arbeit geleistet und sogar den Himmel blau angestrichen haben: Gute Miene zum bösen Spiel ?


Ich habe den E1 zwischenzeitlich verlassen, um gen Kleinenberg zu kommen, meinem heutigen Tagesziel.

Da es in Kleinenberg wohl eher weniger große Berge gibt, sind auch die Kühe noch gar nicht von der Alm ins Tal abgetrieben:


Nachdem es gerade mal 14:45 Uhr ist, als ich im Ort ankomme, will ich nochmal auf einer Bank pausieren, um nicht gar zu früh am Ziel anzukommen, aber nach wenigen Minuten meint es Petrus diesmal WIRKLICH ernst, ich spute mich, die restlichen Meter zur Unterkunft und die Senior-Chefin zu überreden, daß ich wirklich der richtige Gast bin (da waren heute wohl schon andere unterwegs - skurril).

Dafür, daß heute nicht geöffnet ist, geht es mir abends eigentlich gar nicht so schlecht:


Und das Gespräch mit dem Kanadier mit britischem Paß (in Cambridge HR-Manager einer großen Lebensmittel-Supermarkt-Kette, nun Gastwirt in NRW auf dem Land) ist auch ganz unterhaltsam.


Begegnungen:

- die 2 Stoffel

- Rentner-Radel-Gruppe

- kleine Feldmaus

- Matt der kanadische Wirt (ehemaliger HR-Manager) mit englischem Paß, nur wählen muß die (deutsche) Ehefrau 

3 Kommentare:

  1. Zur Uhr: Ist wohl sicher Liebhaberei ... doch wozu genau braucht man als kilo-kalorienbewusster Wanderer eine Armbanduhr mit?

    Die "heute ist nicht geöffnet" Notration ist super :)

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    1. Du hast recht: Habe die (kaputte) Uhr jetzt weggeworfen.

      Löst aber nicht mein Problem zu Hause.

      Daß ich heute (vor der Sauerland-13-Überschreitung) überhaupt etwas zu Abend bekommen habe, verdanke ich aber auch nur einem Trail-Angel, der mich nicht zur Hölle geschickt, aber zur Kirche gefahren hat...

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    2. Auch etwas, auf das Du Dich freuen kannst - das Essen (und auch die Versorgungsdichte) wird gen Süden immer besser und besser ... :)

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