Von Wegen "Kalte Herberge": Auch wenn es nachts draußen kaum noch 5 Grad hat und der Weiler hier so heißt, die warme Atmosphäre, der Service, das Zimmer, das Essen, ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis, die Lage,... läßt einen nur wärmstens Schwärmen.
Gut auch, daß ich vor Hausach zwei Etappen an einem Tag gegangen bin, denn einen Tag später (also mit Ankunft heute am Himmelfahrtstag) wäre ich auch hier nicht mehr untergekommen.
Beim Frühstücksbuffet ist ein gekochtes Ei als Hauptgang gesetzt, welcher heute allerdings in seiner Gewichtung deutlich zurück tritt. Es dominieren dagegen zwei große Portionen frischer Obstsalat (u.a. mit Mango !) mit Joghurt und - das Beste zum Schluß - quasi als herzhaftes Dessert - zwei sehr große Portionen Thunfisch-Salat mit Mais und Zwiebeln, welcher mit rotem und grünem Paprika von mir noch derart aufgepeppt wird, daß von Paprika am Buffet danach nichts mehr zu sehen sein wird.
Derart perfekt gestärkt (erinnert an die marinierten Heringe zum Frühstück auf der Südwiener Hütte am Zentralalpenweg 02 im Jahr 2017: Tag 33) geht es in meinen ersten Tag mit Pendelei und meinen letzten Tag mit all den Begleitern der letzten Tage auf dem Westweg (Judith + Steffen sowie die drei Hamburgerinnen beenden in Titisee ihre Tour, Jörg wird östlich des Sees direkt weiter nach Feldberg (Dorf) marschieren und der Mann mit der Bauchtasche ? - Wir werden sehen...).
Um kurz nach 09:00 Uhr komme ich endlich los und vom ersten Hügel kann ich rückblickend die KIS-Mädels gerade starten sehen: Mit den dreien bin ich nicht das Letzte am Morgen ;-)
Das Wetter paßt, die Wege sind nett und NOCH merkt man den Feiertag nicht.
In der Ferne kann ich einen einzelnen Wanderer erspähen (könnte Jörg sein) und zwischen uns eine Familie.
Diese Familie - bzw. zuerst Teile davon - treffe ich an einer Kreuzung, wo der Weg sich in drei verschiedene Richtungen aufteilt. Die Sache scheint (vermeintlich) klar: Der Wegweiser geht eindeutig nach rechts. Nur ergibt das richtungstechnisch nicht richtig Sinn, weswegen die Familien-Mitglieder ausgeschwärmt sind, um Westweg-Markierungen weitläufig - im wahrsten Sinne des Wortes - zu suchen. Dies erscheint mir im digitalen Zeitalter eine recht anachronistische Methode quasi aus biblischen Zeiten. Ein Blick auf's GPS offenbart auch ohne Johannes ebenfalls interessante Einblicke: Also die Wien-Kärnten-Fraktion (die den Rother-Wanderführer geschrieben hat) ist links gegangen, der offizielle Weg laut digitalen Daten aber geradeaus. An Himmelfahrt also zur Hölle mit den Wegmarkierern (wobei das Höllental dann ja erst noch kommt) ! - Von wegen Dreieinigkeit. An dieser Stelle herrscht wahre Dreifaltigkeit.
Und die OSM-Daten im GPS sollten Recht behalten: Mir kommen freudestrahlend findige Familienmitglieder entgegen und etwas nettes gibt es am Waldrand auch noch zu sehen. Der Zipfel hat sich gelohnt und die rot-weiß-roten Zeitgenossen hatten sich wohl nur wieder ein paar Meter sparen wollen - kein Wunder, daß mein GPS jeden Tag mehr Kilometer als im Wanderführer ausgewiesen aufweist ;-b
Nach einigen Kilometern laufe ich auf Jörg auf. Wie konnte das passieren ?
Er hielt gerade fassungslos inne.
Was war passiert ?
Er war dringend ruhebedürftig.
Nicht, daß wir beide uns nicht auch in den letzten Tagen und gleich beim gemeinsamen Weiterlaufen auch unterhalten haben/werden, aber bei ihm waren im gleichen Tempo zwei Frauen unterwegs, die wohl aus einer dieser Sonderserienmodellreihen stammen, die mit einer zweiten kleinen Lunge ausgestattet sind (Hilfsaggregat): Nicht zum Spaß. Nur zum Reden.
Er murmelt fassungslos schmunzelnd nur irgendetwas von "vielleicht seit ihrer Schulzeit nicht mehr gesehen".
Als das Gelände anzieht und es einen Berg hinauf geht, schickt Jörg mich davon und wir verabschieden uns (vermeintlich) endgültig.
Am nächsten steilen Berg kann ich das Gequassel (wirklich ohne Punkt und Komma und ABSOLUT pausenlos) der beiden Damen vor mir schon vernehmen (Jörg hatte Recht !), als dieses von fünf angetrunkenen jungen Herren mit Bollerwagen lautstark überdröhnt wird: Oh, oh, Klischee-hafter Vatertagsausflug und noch dazu auf dem gleichen Wegabschnitt unterwegs :-(
Nichts wie weg und ab durch die Mitte (und die Milane über den frisch gemähten Wiesen beim Kreisen beobachten)...
Problem: Ab und an treffe ich in der Folge Menschen wie Alex und seine kleine Hündin:
Er ist quasi mein Spiegelbild.
Für die Ungläubigen: Er stammt aus Tettnang, ist vor gut einer Woche am Bodensee gestartet und will in 2,5 Monaten in Flensburg sein. Er geht also den E1 nach Norden, dem ich ja im Schlußspurt gen Konstanz folge.
Die beiden schlafen draußen und als ihnen die Tage ein Förster begegnete, bekamen sie sogar eine Extra-Decke aufgenötigt. 4 Grad hatte es in der letzten Nacht wie Alex zu berichten weiß. Und die Temperaturen fallen weiter (für Sonntag ist 1 cm Neuschnee am Feldberg angekündigt).
Ich wünsche den beiden alles Gute (und hoffe, daß sich meine Zweifel nicht bestätigen mögen) und schon hat Jörg auch bereits wieder aufgeschlossen.
So wird das ein paar Mal gehen. Ich sollte nicht so viel reden. Immerhin muß ich - mangels zweiter Lunge und da Männer sowieso immer nur eine Sache können - dazu immer anhalten ;-)
Gen Titisee geht es von den Höhen dann einsame Teerstraßen langgezogen bergab.
Tagelang war ich vor Menschenmassen (auch an Nicht-Feiertagen), Kuckucks-Uhren und anderen Souveniers gewarnt worden. Das fing mit Sabine und Andreas auf dem Weg zum Mummelsee schon an und auch Alex hatte sich vorhin bereits sehr negativ über die frühmorgentliche Querung in dieser Hinsicht geäußert.
Mir schwant Übles, denn Menschenmassen zu durchpflügen gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen...
Also rein in den Ort, Blick auf GPS und Wegmarkierungen fixieren, Teflon-Blick aufsetzen, der entgegen kommende Touristen im Zweifelsfall auf die andere Straßenseite wechseln läßt und was soll ich sagen:
1. Am Ende werde ich 2x in Mummelsee und 5x in Titisee gewesen sein und die Prophezeihung der Einheimischen Kappelrodecker - so sehr ich sie schätze - wird sich doch als falsch erwiesen haben.
2. Nein, liebes Fräulein A. aus E. ich habe es wirklich NICHT geschafft, ihre - nur scheinbar - triviale Aufgabe zu erfüllen.
3. Nein, ich habe WIRKLICH keine einzige Kuckucksuhr zu sehen bekommen.
Strikt an die Markierung gehalten, direkt an den See abgezweigt, stringent rechts abgebogen und am Wasser entlang wieder raus aus dem Ort.
Puh, hätte schlimmer kommen können. Weiß gar nicht, was die alle haben. Und das am Feiertag, mittags zur besten Touri-Zeit...
Mit einem müden Lächeln kann ich dann schon bald einen Blick zurück werfen auf Titisee und mit einem Schmunzeln an die Einschätzung der Einheimischen denken: Der Schluchsee ist sowieso viel schöner.
Über einen Berg muß ich jetzt noch drüber, der auf der Hinterzarten Seite dann auch Wirkungsstätten von berühmten Thomas bereithalten wird und wenn diese Herren nicht mehr aktiv wirken, sind sie wohl recht findig, was das Recycling bzw. eigentlich Upcycling ihrer Arbeitsgeräte angeht.
Nicht Schwerter zu Pflugscharen, aber Skisprung-Ski zu Ruhebänken:
Die Züge raus nach Donaueschingen fahren von Hinterzarten stündlich um 11 nach.
Ich hatte eine optimistische, eine realistische und eine pessimistische Marschtabelle vorbereitet und da ich noch im Zeitkorridor der ersteren bin, fliege ich quasi über den Hügel...
An den Skisprung-Anlagen wird gerade gebaut, so daß hier eine großräumige Umleitung für die Wanderer eingerichtet ist, von welcher ich dann laut GPS den direkten Weg bergab nehme.
An einem einsamen Haus am Waldrand dann noch eine skurrile Begegnung: Der Mann mit der Bauchtasche kommt mir ENTGEGEN. Und nach kurzem Wortwechsel (weniger ist mehr, ist da wohl das wortsparsame Motto des Zeitgenossen) gehen wir nach Hinterzarten um 180 Grad unterschiedliche Wege.
Aber für Diskurs oder Kompromisse habe ich gerade mal eh keine Zeit (der Zug, you know ;-).
Mein Weg war für mich jedenfalls der genau richtige...
Um 14:50 Uhr bin ich bereits am Bahnhof und kann in Ruhe meine Sachen einpacken für die einstündige Fahrt gen Osten raus und runter aus dem Schwarzwald.
Einen kleinen Vorteil hat das Ganze denn doch noch: Nachdem ich den Breg am Ursprung überschritten hatte, nun noch die Brigach kurz vor dem Zusammenfluß zur (jungen) Donau - allerdings hier schon mit Brückenhilfe:
Begegnungen:
- Jörg (ein letztes Mal unterwegs)
- 5 angeheiterte, lärmende junge Männer mit Bollerwagen
- 8 Milane
- 2 geschwätzige Frauen
- 1 Milan
- 1 Milan
- Alex aus Tettnang mit kleiner Hündin und Zelt auf dem Weg gen Flensburg
- 1 Eichelhäher in Tittisee
- der Mann mit der Bauchtasche kurz vor Hinterzarten
1.000er:
- Zum Kreuz (1.037 m)
- Weißtannenhöhe (1.192 m)
- Fürsatzhöhe (1.071 m)
- Kesslerhöhe (1.017 m)
Hättest du nicht den Andenken Laden am Mummelsee so energisch und entschieden verweigert (gegen unseren entschiedenen Rat wohlgemerkt), dann wären dir nicht nur Pseudo Bollenhüte und Käthe Kruse Puppen begegnet, sondern auch die ersehnten Kuckucksuhren in beeindruckender Vielfalt.
AntwortenLöschenEin kleines bisschen muss man sich halt schon bemühen...