Samstag, 21. Mai 2022

Tag 63: Vive la France ?

Dobel - Forbach
(28,2 km - 600 Hm auf - 985 Hm ab)

Am Vorabend war ich Regen bedingt noch schnell nach dem Essen und mit dem Rest-Getränk auf den letzten Drücker in die Lokalität umgezogen und hatte mir Sorgen gemacht, völlig durchweicht zurück in meine Pension zu kommen, aber nach ca. zwei Minuten war der Spaß und Form eines Spuks schon wieder vorbei: Die Straße war noch nichtmal ganz naß, da war sie ob der Verdunstung auf dem noch heißen Asphalt auch schon wieder trocken.

Nichts mit Abkühlung. Nachts gab es dann Gewitter, allerdings nur in der Ferne.  

Der Morgen startet somit wieder mit prallem Sonnenschein und Schatten gilt es zu suchen - oder selbst zu werfen (eine Aktivität ohne körperliche Betätigung, bei der man trotzdem ganz ordentlich ins Schwitzen kommt, kann ich Euch fasziniert sagen).

Leider gibt es hier in der Gegend erst ab 08:00 Uhr Frühstück, so daß man logischerweise vor 09:00 (gruppendynamische Prozesse) nicht loskommt.

Dobel, der heilklimatische Kurort ist teilweise schon recht ansprechend anzusehen:

Kurz nach dem bezeichenenderweise bezeichneten Sonnentor begegnet mir dann ein Graureiher, der seelenruhig am Teich des Kurparks entlang stakst. 

Kurz vor mir am Tor und dann durch die Wiesen hinauf auf den ersten Hügel des Tages und zum Aussichtsturm umgebauten ehemaligen Wasserturm sehe ich zwei West-Weg-Wanderer, die mir schon am Vorabend aufgefallen waren: Als ich mich nach 19:00 Uhr vom Abendessen auf den Weg in die Unterkunft gemacht hatte, so ich die beiden mit kleinen Tagesrucksäcken (evtl. Gepäcktransport oder extreme Spartanisten ?) durch den Ort kommen.

War da nicht was mit Brexit ?

Ob diese Bank irgendwann ausgewiesen wird ? Oder Boris vor dem Pausieren erstmal Paßkontrolle durchführen läßt ?

Die beiden Männer vor mir haben steiler bergauf anscheinend identisches Tempo und bei allen anderen Geländearten bin ich einen Ticken zügiger unterwegs.

Evtl. haben sie irgendwann meinen heißen Atem im Genick gespürt (psychisches Stockklappern wie am Großen Feldberg im Taunus ist diesmal zumindest nicht im Spiel), jedenfalls halten sie kurz an und lassen mich mit einem kurzen Gruß passieren.

Bei einer ersten Pause hier mit Ausblick eine Weile später, hätte ich ja erwartet die beiden wieder zu sehen (was aber erst beim Abendessen passieren wird).

Stattdessen wird mir Angst und Bange (sollte die Katastophenwarnung per SMS nicht erst 2023 starten ?) als ich die folgende SMS erhalte (und auch mal lese): 

FRANKREICH ? - Habe ich mich derart verlaufen und deswegen die Herren nicht mehr gesichtet ?

Auch wenn sich die Wege des Herrn manchmal im ersten Moment kaum unterscheidbar teilen mögen, auf lange/längere Sicht führt das meist schon zu größeren Differenzen:

Nein, augenscheinlich muß ich mir keine Sorgen um Orientierung und Weg machen, sondern nur um den Mobilfunk-Empfang: "Willkommen in Deutschland" möchte man da antworten, denn skurriler Weise wechselt an einem Ort der Empfang zwischen den deutschen und französischen Betreibern ganz gut hin und her bei vorgeblich starkem Signal aber Internet geht trotzdem konsistent (den ganzen Tag über) weder beim einen noch beim anderen.

Aber ich beschäftige mich unterwegs (abseits der Pausen) sowieso lieber mit der Landschaften und Wegen (eine ganze Weile ist zwischendrin der schwarzwälder Mittelweg routengleich zu meinem Westweg):

Zur Abwechslung ein Moor aus der Eiszeit von vor 10.000 Jahren auf knapp 1.000 Meter über dem Meer.

Auf dem Höhenrücken geht es geradewegs auf den (einen weiteren) Bismarkturm zu:

Mit den Zusatzhöhenmetern des Turms sollte es wohl möglich sein, nach 1.542 km seit der Dänischen Grenze erstmal die 1.000er-Marke zu knacken.

Bleibt nur die Frage, welche Enterprise-Technologie (Star Trek !) hier zum Einsatz kommen sollte:

1. Holo-Deck für gut fränkisch "Holo-Durm" (im Original: "Hohloh-Turm"), damit wirklich nur ein imaginäres Abbild meiner vor Ort sei ?

2. oder doch besser reale Zahlen und Scotty, der einen von mir da hochbeamt ?

Nach einer längeren Diskussion entscheidet sich letztlich einer meiner Persönlichkeiten energiesparend den Weg (samt der nachträglich draufgesetzten 6,x Zusatzhöhenmeter) mit klassischen Methoden empor zu steigen.

Die 1.000er-Marke ist durchbrochen:

Allerdings fühle ich mich schon ein wenig weggesperrt.

Ich bin ein Mafiosi, holt mich hier raus !

Im weiteren Verlauf sind eher freizügigere Türmchen im Angebot, bevor es vom Höhenzug steil bergab in Richtung Tagesziel geht. 

Die Serpentinen durch den Wald kommen mir zwar endlos vor, aber letztlich werden es nur 985 Hm insgesamt abwärts an diesem Tag gewesen sein:

Am Ende des Waldes kommen dann einerseits ein paar vereinzelte Tröpfchen von oben, es findet sich Wasser am Weg und eine Hexe:

Es sollte der Auftakt für weitere sein.

Auch ins Westweg-Tor kurz vor Forbach hat sich eine Hexe (augenscheinlich in vollem Flug, statt voller Fahrt) integriert und manifestiert:

Auf dem Weg durch Forbach gen Quartier fallen mir an Häusern noch einige weitere auf.

Beim Check-in erhalte ich zwei Empfehlungen zwecks Gastronomie, wobei die Wahl leicht fällt:

1. lokale Nähe (bin tagsüber schon genug gegangen)

2. schnellerer Service (habe Hunger)

Wobei der dritte Aspekt schon auch nicht von schlechten Eltern ist oder wie mein Vater sagen würde: Propaganda-Portionen :-)  

Nachdem Teller leer und die zweite stille Johannisbeer-Schorle intus ist, fühle ich mich gar nicht mehr ganz so schwach, nur beim Mut-Antrinken zwecks Pflaster-Ablösen bin ich damit noch nicht sehr viel weiter gekommen...


Begegnungen:

- 1 Reiher im Teich des Kurparks

- 2 Westweg-Wanderer

- 1 Hase

- 1 Falke

- 4 blaue Libellen


Gipfel:

- Hohlohturm (1.016m)

4 Kommentare:

  1. Hm, mit Johannisbeer-Schorle Mut antrinken könnte schwierig werden... ;)

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    1. Die Dosis macht das Gift: Säfte haben wohl auch immer einen gewissen Alkohol-Anteil, munkelt man.

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  2. Von Orangensaft hab ich das schon gehört, aber Johannisbeerschorle? Da musst wohl eher doch zum Johannisbeerschmaps greifen ;)

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    1. Es zitiert Google: "Fruchtsäfte gehören zu den Lebensmitteln mit einem natürlichen Alkoholgehalt. Dieser natürliche Alkoholgehalt wird laut Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) als unbedenklich eingestuft, da er selten 0,3 Volumenprozent (Vol. -%) übersteigt."

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