Ein letztes Mal 1,5 Stunden Zugfahrt von Donaueschingen über Titisee bis hoch zum Schluchsee.
Langsam kenne ich die Strecke schon auswendig. Wobei. Moment. Also der Fuchs, der da seelenruhig mitten auf der Wiese sitzt, ist definitiv neu.
Schön, daß die Einheimischen für die Gäste immer wieder neue Attraktionen (auch jenseits der bekannten - und von mir schnöde - natürlich nur ob des Rucksackgewichts - verweigerten - Kuckucksuhren) aufbauen :-)
Vom See weg geht es durch den Ort gen Norden und über die erste Erhebung des Tages, den Riesenbühl mit seinem Aussichtsturm - wobei ich mir die Zusatzhöhenmeter spare.
Durch den Wald geht es vornehmlich über Forststraßen bis kurz vor Lenzkirchen, wo am Ortsrand der erste Zusatzhügel als Aufwärmschikane umwegenderweise in die Route eingebaut ist, was einem aber einen Geopark (ok, Steine), eine Bücherkiste und einen tollen Aussichtspunkt einbringt.
Mitten im hübschen Ort, gleich beim Rathaus, treffe ich auf den bekannten Schluchtensteig, welcher in 6 Tagen auf ca. 120 Kilometern quer durch den Südschwarzwald führt und mich die nächsten 1,5 Tage begleiten wird. Mal mehr, mal weniger.
Zum Anfang gleich mal mehr weniger: Der Schluchtensteig zweigt am Rathaus rechts ab, um am Fluß entlang gen Osten durch's Tal zu führen.
Der Mittelweg des E1 führt dagegen weiter schnurstracks gen Norden und bereits in den Randbereichen von Lenzkirch richtig heftig in Falllinie den Berg hoch. Puh, ganz schön steil.
Aber zwischendrin wird's auch mal etwas flacher:
Manch einer hat den Aufstieg wohl nicht so gut weggesteckt, wie die Überreste erahnen lassen:
Vom Mittelweg der oberen Markierung bleibt dann ab der Abzweigung am Hierabrunnen (1.115 m: der letzte Tausender auf dem E1 gen Süden durch Deutschland) auch nicht mehr viel - eigentlich genau genommen: gar nichts, denn jetzt bin ich auf dem Schwarzwald-Querweg (Freiburg-Bodensee: 180 km) angekommen, der mich bis nach Konstanz führen wird.
Ein letztes Mal seit Pforzheim, gilt es nun erneut, sich ein neues Rautenmuster einzuprägen:
Über weitläufige Forststraßen nach Osten und am Ende quer ("Querweg" ?!) über Almwiesen marschiere ich gen Süden nach Kappel.
Wer geometrisch mitgedacht hat: Ja, wenn man an der Haslach in Lenzkirch gen Osten abgebogen wäre, wäre man (auf dem Schluchtensteig) direkt mit einem Viertel der Strecke und einem (ob des Gefälles) nicht in positiven Bruchanteilen auszudrückenden Höhenmeterverhältnis am gleichen Punkt rausgekommen.
Ich hätte in der Ortsmitte allerdings nicht diese skurrile Begegnung gehabt...
Nein, NICHT diese Blumenkuh, sondern kurz vorher im Zentrum ergab sich folgende Szene:
Ich habe gerade ein paar ältere Damen beim Walken überholt (also Einheimische) und wenige Meter hinter mir gelassen, links geht just eine Haustür auf und eine Familie kommt raus (also mutmaßlich Einheimische) und ein Radler steuert direkt auf den landstreicherartigen Bergpiraten zu (also MICH), um zu fragen, wie er mit dem RAD nach Badenweiler (wenn ich mich nicht verhört habe) komme.
Nun, ich bin ein Kulturbanause und habe auch sonst wenig Ahnung, aber Badenweiler kennne ich. Da war ich als Kind im Urlaub gewesen und die Pensionswirtin hatte mir eine ganze Handvoll 100er Nägel zugesteckt, damit ich am Dorffest kostenlos beim Spitzen-Nageln mitmachen konnte. Und ich war nicht schlecht.
Mafia-Methoden ? Früh übt sich !
Und wer der Mafia mal einen Gefallen getan hat, dem wird das nicht vergessen. Und umgekehrt - nur der Vollständigkeit halber erwähnt ;-)
Nun, aber Badenweiler liegt auf der anderen Seite des Schwarwalds, der fragwürdige Fragenfrager ist einer jener aus der Mode gekommenen und (auf Basis einer gerade LAUFENDEN Studie an teilnehmender Beobachtung) kaum noch existenten Spezies von Ohne-Akku-Bikern.
Was weiß ich, wie man von Kappel am besten nach Badenweiler kommt ?
GoogleMaps befragen ?
Einheimische interviewen ?
Karte auspacken und Schilder lesen ?
An jeder Kreuzung eine Münze werfen und auf Zufallsfund 1:3^n spekulieren ?
Die Menschheit ist schon manchmal wunderlich (siehe auch Tag 31 und der Weg zum lokalen Impfzentrum), denke ich mir, nach einem schulterzuckenden Verweis auf eine mutmaßlich optimalere Befragung Ortskundiger.
Von Kappel geht es - im wahrsten Sinne des Wortes - hinab an die Haslach und somit nun auch für mich auf den Schluchtensteig.
Am Zusammenfluß mit der "gütigen Ach" (Gutach) entsteht die Wutach (die "wütende Ach": insbesondere nach Unwettern und jedes Jahr nach der Schneeschmelze geht es hier RICHTIG zur Sache).
Der Wutach-Abschnitt dürfte einer der bekanntesten am Schluchtensteig sein - zumindest war es der einzig mir bereits vorab bekannte.
Das ist kein klassischer Klamm-Weg mit durch den Hang/Fels gefräßter (und ggf. stark befestigter) Touristen-Autobahn, sondern der der Steigt führt mal als Pfad am Fluß entlang, oft aber auch steil bergauf/bergab durch die Hänge mit recht wenig fester Infrastruktur.
Zwischendrin noch ein spezieller Felsen, den man im Fränkischen wohl "Royberschlössla" nennen könnte:
Ein einziger schmaler Gang führt zu einem kleinen, geschützten Fels-Kessel, wo ich ob der besonderen Location einen Geocache vermute.
Vorbereitung ? Elektronische Geräte ?
Alles überbewertet. Schauen wir uns doch mal um und überlegen wir uns, wo wir eine Dose... oh, da ist sie ja (27 Sekunden ohne GPS-Nutzung - aber Fund ist Fund, oder ?).
Am Waldrand auf einer Anhöhe südlich von Göschweiler und kurz vor meinem Tagesziel Schattenmühle, spricht mich ein Ehepaar aus Südbayern an: Es ist bereits 17:00 Uhr und die beiden finden ihr Auto nicht.
Also das Auto ist nicht das eigentliche Thema/Problem, viel mehr der Parkplatz, wo sie am Morgen parkiert haben, wie all die Schwiizer, die hier unterwegs sind, sagen würden.
Sie schwenken ein Papierwerk, was man nicht gerade Landkarte nennen kann, sondern eher abstrakte Touristen-Grob-und-Bunt-Werbe-Information und fahren mit dem Finger dermaßen hin und her, wo denn ihr Auto wäre, daß mir dabei ganz übel wird. Und "schon den ganzen Tag kein Handy-Empfang". - Nun, mit letzterem könnte man in Deutschland und bei der Begehung von SCHLUCHTEN insbesondere schon mal rechnen, wobei ich mir das auf der aktuellen Anhöhe kaum vorstellen und später unten an der Schattenmühle (wo die beiden gerade her kommen) es sogar LTE-Empfang im Gästehaus gibt.
Leute, ist Euch noch zu helfen ?
Von analogen Landkarten, Offline-Karten am Handy, GPS-Sensor des Schlaufons und dergleichen haben sie wohl noch nichts gehört.
Nun, ich dachte, ich hätte spätestens nach der Radler-Begegnung (auch alkoholfrei verstörend) die "Taxi" -äh- "Auskunft"-Leucht-Anzeige auf meiner Stirn deaktiviert, aber scheinbar...
Nachdem die beiden immer irgendwas von "Rötenbach" stammeln, kann ich immerhin beisteuern, am gleichnamigen Zufluß in der Wutachschlucht vorbeigekommen zu sein. Vor ca. 1 Stunde. Und wenn der Rötenbach-Steig vom Zufluß bis zum Ort ähnlich wie der Wutach-Steig ist, schätze ich 1 weitere Stunde dafür ein.
Oh, oh, dann wäre es schon nach 19:00 Uhr, ich wünsche den beiden jedenfalls alles Gute und hoffe, daß sie heil und ohne Nervenzusammenbrüche es zurück zum Auto geschafft haben.
Vielleicht lernen sie etwas daraus für's nächste Mal...
Wenigstens diese drei Gesellen lassen mich auf den letzten Metern bis zur Schattenmühle direkt an der Wutach unbehelligt.
Begegnungen:
- 1 Fuchs (aus der Bahn gesehen)
- 1 verirrter Radfahrer
- viele Wanderer im Gegenverkehr in der Wutachschlucht
- 1 Eichelhäher
- 1 Hase
- 2 ver(w)irrte Bayern
1.000er:
- Hierabrunnen (1.115 m)
Hallo Kai,
AntwortenLöschendu scheinst halt ein sehr kompetentes Auftreten zu haben, dass dich alle für einen Einheimischen halten, der sich auskennt ;)