Montag, 18. April 2022

Tag 56: Richtig ruhiger Rummel

Lautertal - Birkenau
(23,3 km - 590 Hm auf - 630 Hm ab)

Weil das Gästehaus, wo ich übernachte ca. 350 Meter vom zugehörigen Gasthaus weg ist (und ich somit am Vortag schon 1,4 Zusatz-Kilometer - natürlich nicht zur Strafe, sondern nur zur Übung - gesammelt habe), wird heute Morgen Wege-Optimierung betrieben: Mit Sack und Pack ein letztes Mal - bereits fertig präpariert - geht es zum Gasthaus, damit ich später von dort gleich weitergehen kann.

Auf dem Weg komme ich kurz nach 08:00 Uhr auch noch am, in einem Hof weit hinten abgestellten, Camper der Neu-Ulmer Schnarchkappen vorbei. Eigentlich wollten Sie um diese Uhrzeit ja längst über alle Berge sein, aber vermutlich sind sie am Vorabend versumpft ;-)

Um des Oster-Friedens Willen realisiere ich auch nichtmal meine Drohung vom Vorabend, sie aus dem Bett zu werfen...

Beim Frühstück werde ich dann gleich angesprochen, kaum habe ich meinen großen Rucksack abgestellt:

Sabine ist ebenfalls Weitwanderin und hatte an meinem Rucksack den Braten schon gerochen. Nein, NICHT olfaktorisch, sondern optisch.

Ich bin ja ein wenig getarnt unterwegs, aber sie und ihr Partner Werner können ihre Herkunft nicht leugnen: Knallharte Nachfrage ergibt Naila - haidernei, Oberfranken aus bayrisch Sibirien. Der Frankenweg war da bei ihr natürlich Ehrensache zum Anfang vor Jahren mit einer Freundin, mit der sie diese Touren immer unternimmt.

Dementsprechend kurzweilig gestaltet sich schon wieder mein Frühstück.

Irgendwann bin ich dann aber doch auf dem Weg und lasse Sabine, Werner und diese immobile Blechgestalt in Lautertal zurück.

Leute, die mich kennen, werden jetzt vielleicht ein klein wenig zweifeln (andere VERzweifeln in der Regel), aber manchmal (also in diesen seltenen schwachen Momenten) mache ich wirklich einfach, was man mir sagt:

Apropos Ostern (wir schreiben ja Oster-Montag) und zweifeln: Der ungläubige Thomas aus Kärnten (aus Persönlichkeits-Schutz-Gründen wurde der reale Name durch Buchstabenersetzung verfremdet) wird jetzt vielleicht entweder einen Zahlendreher (April-Scherz) oder anderweitige geistige Tiefflüge vermuten, aber ich wollte schon mal an Ostern eine längere Wanderung unternehmen.

Es sollte von Coburg in Nordbayern nach Königsberg gehen.

Zu Fuß.

An einem Tag.

Am Karfreitag, 10. April anno 2009.

Und dann hatte ich ausgerechnet verschlafen. Mit DREI Stunden Verspätung machte ich mich damals auf den Weg...*

Erst vorhin erreichte mich eine E-Mail von meinem treuesten DAV-Touren-Begleiter, der just HEUTE dort unterwegs war. So klein ist die Welt. 

Heute bin ich aber nur 30 Minuten später los gekommen als geplant, was jedoch eigentlich noch keine Rolle spielt, erst morgen auf der Odenwald-Königs-Etappe kommt es darauf an. 

Was mir hier im Odenwald sehr gut gefällt (geht jetzt nicht um das wort-wörtlich e-ntsprechende Holz im obigen Foto): Die Mischwälder sind sehr Buchen-dominiert und seit Frankfurt habe ich im Gegensatz zum vorherigen Jahr in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Nordhessen noch keinen einzigen Borkenkäfer-Fichten-Kahlschlag gesichtet. 

Den Weg hätte ich auch ohne Steinmanderln nicht verfehlt. Wobei ich heute schon an ein paar Stellen bzgl. der Markierung grübeln und das GPS eingehend konsultieren muß.

Beim folgenden lustigen Gesellen am Weg kann man aber nur Schmunzeln und gute Laune bekommen:

Apropos gute Laune: Es ist wirklich bemerkenswert, wie viele hier in der Gegend freundlich grüßen und gestern sowie heute wird sogar noch gehäuft ein "Frohes Ostern" gratis oben drauf gelegt !

Es sind ob der Feiertage und des schönen Wetters wirklich Unmengen an Menschen unterwegs, die Parkplätze quillen über, aber irgendwie ist es nirgends gedrängt, nirgends gehetzt, nirgends lautstark.

Selbst bei den Ausflugslokalen und den Biergärten (Gastgärten, wie wir Österreicher treffender zu sagen pflegen), an denen ich vorbei komme, wirkt es, als wäre es jetzt im Frühling alles noch ein wenig gedämpft und die Vögel sind weiterhin lautstark die Wortführer.

Sehr angenehm, wenn das Mensch mal nicht so unangenehm auffällt - möglicherweise auch eine Folge von beschränktem Alkohol-Konsum im eher familiären Rahmen und/oder Nachwirkung der Corona-Einschränkungen ?

Am obigen Wegweiser könnte man nicht nur auf dem Steig-Weg, sondern möglicherweise auch auf dem Holz-Weg sein: Da scheint es mir ein Problem mit der referentiellen Integrität zu geben.

Das kann eben passieren, wenn die Code-Produzenten mal wieder nicht alle Stellen richtig und einheitlich aktualisieren, der Compiler keinen Fehler wirft, es den Testern nicht auffällt und die Projektleiter es einfach an die Kunden (die Menschheit) ausliefern. Hätten sie nur mal GENAU das gemacht, was das Produkt-Management gefordert hatte (und in die Dokumentation hat schreiben lassen).

Kleine Fehler können auch große Wirkung haben. Wehret der Anfänge.

Wem fällt etwas auf ?

Seit der dänischen Grenze mache ich mir ja einen Spaß daraus, Schutzhüttchen am Weg zu fotografieren.

Dieses Muster-Exemplar läßt sich wohl nicht mehr unter den Diminutiv (den Franken ja an sich sehr eigen) fassen. Das fällt schon eher unter die Kategorie "Schutz-Villa" - naja, hier etwas ab vom Schuß sind die Quatratmeterpreise vielleicht noch nicht so explodiert und der Immobilenmarkt nicht so angespannt.

Habe schon überlegt, meinen geplanten Bilder-Vortrag zum Weg NUR aus Schutzhüttenbildern aufzubauen. Konstruktiver Gedanke, oder ? ;-)

Diese Bank ist konstruktiv aber auch ein Musterexemplar und auch wenn ich nur noch weniger als einen Kilometer Wegstrecke bis zur Unterkunft haben sollte, erscheint mir das Plätzchen mit der Sonne im Schatten noch eine kleine Pause wert.

Kurz bevor ich wieder weitergehen will, fällt mir dann ein Widerspruch im Raum-Zeit-Kontinuum auf: Als ich vor ca. 400 Metern das letzte Mal auf's GPS geschaut hatte, standen noch 1,3 Kilometer auf der Tages-ToDo-Liste. Nun finden sich dort 1,6 Kilometer.

Irgendwas kommt mir just gerade spanisch vor und ist faul im Staate Dänemark hier mitten im südhessischen Odenwald.

Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ah, heute ist ja die Etappe, wo ich von diesem Höhenzug zum Quartier in einem großen Bogen weg vom Weg muß.

Ich korrigiere mir: Hätte müssen. Dürfte besser sollen. Könnte besser gehabt haben.

*argh*

Ich nehme eine optische Neubeurteilung der aktuellen Tatsachenlage in Kombination mit dem Widerwillen zur Umkehr und der mutmaßlich noch weniger zielführenden Sturheit eines Festhaltens am markierten Weiterweg vor.

Es findet sich DIREKT vis-à-vis just JENER Bank eine Lösung in Form von "Wegspuren" wie es in alpinen Karten oft heißt.

Der unmarkierte Pfad führt mich geradewegs an das Ende einer Sackgasse im Quartier meiner Unterkunft.

Das ist quasi der "Missing Link" der absoluten Optimierung, den ich zu Hause beim Studium verschiedenster Kartenquellen und Satelliten-Aufnahmen gesucht, aber nicht entdeckt hatte.

Die Realität ist manchmal einfach besser als alle ihre (digitalen) Abbilder:

Willkommen IRL (in real life/im richtigen Leben).


* Eine 4-teilige Kurzgeschichte und ein paar Fotos zu meiner Tages-Wanderung (die Residenzler hielten das ja für unmöglich und zahlten den gewitzten Schloßberglern eine Menge Bier für den Gegenteilsbeweis vor knapp 50 Jahren) von Coburg nach Königsberg (in Bayern) auf dem Amtsbotenweg gibt es zum Nachlesen hier:


Begegnungen:

- Weitwanderin Sabine aus Naila und Partner Werner

- Ukrainisches Mädchen/Mutter/Großvater/Hund und einheimischer älterer Herr


1 Kommentar:

  1. Ja gibt's denn sowas, dass DU die E8 Kreuzung völlig unkommentiert lässt ...

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