Montag, 25. April 2022

Tag 60: Das Stein des Anstoßes

Gochsheim/Kraichtal - Kämpfelbach/Bilfingen
(27,6 km - 580 Hm auf - 550 Hm ab) 

Ein weiterer (und letzter) Tag mit blauem Himmel und Sonnenschein. Der achte mittlerweile in lückenloser Folge seit meinem Start am Karfreitag in Frankfurt am Main.

Nachdem meine Oma mich noch vor Schnee und Kälte warnte (sie hatte im Unterschied zu mir im Vorfeld Wetterberichte studiert - wird aus meiner Sicht wahnsinnig überschätzt: habe in all den Jahren noch niemanden getroffen, der das Wetter ändern konnte), bin ich neben meiner 2021er-Errungenschaft (Rucksack-Regenschirm) auch mit Handschuhen, Mütze und Ärmlingen ausgerüstet unterwegs - also mein Wanderrucksack enthält zumindest all diese Eventualitäten-Gegenmaßnahmen-Options-Pakete.

Frohen Mutes komme ich auf planiertem Forstweg durch den frühlingshaften Wald flott voran.

Um drei Ecken zu denken, gilt gemeinhin ja als eine meiner Spezialitäten. Demzufolge bin ich hier quasi ganz in meinem Element und muß gar nicht lang, ob der Bedeutung grübeln:

Und hey, immerhin werden meine konsequent (zumindest zuweilen im nachhinein) verständlichen ein-wortigen Hinweise bei "Just One" seltenst Opfer von Duplikat-Eliminierung ;-)

Auf den hügeligen Höhen ist es - wie zumeist in den letzten Tagen - allerdings windig frisch und somit schnell weiter in den nächsten Ort Büchig, wo ich mit der einheimischen Ursula ins Gespräch komme: Sie erzählt mir von einem deutschen Fernwanderer, den sie im Ort unlängst getroffen und mit Wasser ausgeholfen hat. Dieser ist schon seit November 2021 von Spanien aus zu Fuß unterwegs gewesen und will ebenfalls (wie der Franzose die Tage) im Oktober (also nach 1 Jahr ohne Unterbrechung) am Nordkap ankommen.

Da halte ich es doch etwas weniger bekloppt mit Jürgen Klopp: "The normal one".

Im nächsten Wald dröhnen dann die Motoren: Mit kleinen Fichten-Mopeds gegen massive Buchen ankämpfen, ist schon auch eine Geduldsaufgabe...

Bretten ist dann in der Folge mal wieder ein größeres Städtchen und laut dem Rother-Wanderführer eigentlich Etappen-Endort, allerdings finde ich 11,8 Kilometer für einen Tag denn doch etwas unterdimensioniert, weswegen ich bereits zu Hause das Tagespensum planmäßig etwas verlängert und die Übernachtung ein wenig abseits des E1 gelegt habe (ein Hügel mehr geht immer ;-).

Aber eines nach dem anderen und erstmal durch das hübsche Städtchen und Geburtsort von Philipp Melanchthon - übrigens nicht von ungefähr verstorben in Wittenberg.

Der Mann machte gemeinsame Sache mit Martin Luther und ja "Reformation" hatte ich kürzlich bei "Just One" auch zu knacken gehabt: Meine Spielerrunde hatte aber auch gut erklärt. Fast ohne drei Ecken und so (wobei die Kopf-stehende Verwandtschaft wohl schon "SaaS..." und "Saas ..." unterscheiden und auf ein mit Zauberkräften ausgestattetes, weibliches Wesen kommen könnte, auch wenn jenes NICHT aus der Schweiz kommt und NICHT Ski fährt) ;-)

Viel naheliegender ist augenscheinlich die ganzheitliche Verwendung von leblosen Pferde-Leibern hier in Bretten:

Weiß doch jedes Kind:

  • nicht mehr zum Reiten
  • Kopf für die Mafia
  • Rest in die Wurst/Rouladen
Apropos: Die Chefin der örtlichen, italienischen Eisdiele verwickelt IlPadrino am Morgen auch gleich noch in ein nettes Gespräch am Rande der Fußgängerzone, bevor es dann wieder auf den nächsten Hügel und ab in den Wald geht. 

Dort haben sie dutzende von uralten Grenzsteinen extra markiert, vermutlich damit die Holzkutscher sie nicht umfahren:

Am Ende des langen Waldes - ohne Sitzgelegenheit - und kurz vor der Pausen-Bank am sonnigen Waldesrand dann ein entscheidender erster Hinweis:

Nein, NICHT mein Etappen-Endort - auch wenn es natürlich stilecht für eine K2-Fernwanderung gewesen wäre - aber immerhin...

... alle Wege führen irgendwie über (ein) Stein :-)

Dieses Stein hat zwar weder schwedische Gardinen noch Schwerverbrecher, hat weder böse Nachbarn noch eine verfallende Kapelle und mit der Schweiz hat es auch nichts zu tun, dafür ganz viele hübsche Fachwerk-Häuschen:

Kurz vor dem Ortsrand, läßt mir ein älterer Herr trotz Fahrrad an einer Engstelle und seinem früheren Erreichen selbiger den Vortritt. Wir kommen ins Gespräch und er erzählt mir, daß er mit 66 Jahren nochmal mit dem Rad zu seiner Tochter nach Wien geradelt ist - nachdem er das 50 Jahre vorher - da gab es die Tochter wohl rein rechnerisch* noch nicht - schon mal getan hatte.

Mmmh, etwas Tolles nochmal tun: Ich hatte ja schon auch mal wieder an München-Venedig gedacht...

Aber NEIN, Anna und Martin: DAS steht NICHT auf dem Plan für den Sommer (2022).

Die letzte (vermeintlich) Prüfung des Tages führt schließlich nochmal richtig steil jenseits von Stein den Berg hinauf und dann gemäßigt über den Hügel.

Bevor es auf der anderen Seite in den Schlußspurt bergab und an einer Großbaustelle vorbei in den Ort geht.

Kurz vor dem Quartier, bremst mich dann die bucklige Verwandtschaft auf der Rückfahrt aus der Schweiz telefonisch aus, was die folgende Katastrophe nach sich zieht:

Fünf Minuten später stehe ich an meiner Unterkunft. In der Schlange. Am Ende.

Das ist ein Hotel/eine Pension nicht nur ohne Restaurant, sondern auch ohne Frühstück und ohne Personal. Gut, letzteres hätte jetzt bei mir auch letztere Priorität, aber das ist wieder ein anderes Thema ;-)

Jedenfalls scheint eine (heterogene) Gruppe an Heavy-Metal-Fans (zumindest den martialischen T-Shirts - Manowar ist aber nicht dabei - und der dominierenden Nicht-Farbe-Schwarz nach zu urteilen) gerade angekommen zu sein und muß nun serialisiert den Check-in-Automaten bedienen.

Und den letzten beißen bekanntlich die Hunde. Und damit meine ich nicht mich, sondern den letzten (armen Hund) aus der Gruppe: Baujahr 1965. Herkunft Frankreich. So viel erkenne ich auf dem Display selbst ohne Brille und auf Deutsch aus der Ferne.

Genau das ist auch das Problem: Wie ich später feststellen werde, kann der doofe Automat (haben die Betreiber wohl gespart) nur Deutsch, Englisch und Italienisch (eine Reminiszens an die Mafia ? - an geographischer Nähe kann es im Vergleich ja eher weniger liegen...).

Nun, hätte ich doch mal den Französisch-Grundkurs dem Englisch-Abi vorgezogen oder zumindest Deutsch bis zum Abschluß absolviert (wie sich manch einer evtl. zuweilen wünschen mögen könnte). Nichtsdestowenigertrotz biete ich dem Herrn vor mir schon im eigenen Interesse (ich muß schließlich spätestens vier Tage später wieder auf der Arbeit sein) Hilfe an. Mit Händen und Füßen. Gemeinsam sind dann die elektronischen Hürden schnell beseitigt und der gute Mann auch mit einem Zimmer und Zugangskarte versorgt.

Nach etwas Umherirren ist auch mein Zimmer gefunden, wenn mich nur die Verwandtschaft nicht schon - gefühlt - wenige Minuten später wieder aus dem Schlaf wird gerissen haben: Taxi kommt in 15 Minuten. Mein Groß-Cousin oder das Patenkind meiner Mutter kommt samt besserer Hälfte (Berechnung ergaben ca. 16 Jahre seit der letzten Begegnung mit letzterer) auf einen 40-Kilometer-Sprung extra vorbei.

Ein schöner Abend mit Marina und Ingo beim Italiener im Nachbarort folgt, wobei der dortige Chef wahrscheinlich noch einige Tage überlegen wird, warum da zwei Gesichter aus der Nähe von Calw aus dem Nichts mit einem ruhig schmunzelnden, braungebrannten, seltsam beschuhten Kerl mit großem Hunger begleitet just ihm ihre Aufwartung machten - zumindest zeigen das seine Frage-Versuche und die deutlich ins Gesicht geschriebene Denker-Miene :-)

Vielen Dank für den schönen Abend Ihr beiden !


* Apropos offene Rechnung: Mit der demoskopisch evtl. etwas verpeilten Strahlungs-Wissenschaftlerin vom Bodensee werde ich am Ende dieses Abschnitts dann morgen noch abrechnen (hätte sie vielleicht doch mal den Physik-LK dem Französischen vorziehen sollen)...


Begegnungen:

- 1 Feldhase

- Ursula in Büchig

- Fichtenmopeds und Betreiber

- 1 Milan

- nette Eisdielenbetreiberin in Bretten ("Europawanderer")

- 1 Fernradler

- 1 Eichelhäher

- 1 Kleiber

- 1 unsichtbarer Specht

- 1 Eichelhäher

- älterer Herr, der mit 66 radelnd Tochter in Wien besucht hat und 50 Jahre vorher schon mal dorthin radelte

- überforderter Heavy-Metal-Franzose am Checkin-Automat (Deutsch/Englisch/Italienisch)

- Marina und Ingo (die extra angereiste bucklige Verwandtschaft aus Calw)





2 Kommentare:

  1. Ich habe zwar die halbe Zeit keinen blassen Schimmer, wovon du redst, aber Du scheinst guter Dinge zu sein und sorgenfrei voranzukommen, gut so!

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    1. Soll ich mich jetzt outen, daß ich mich zuweilen auch selbst nur zur Hälfte verstehe und selbst das möglicherweise schon eine schamlose Übertreibung ist ?

      Aber dafür gibt es ja Experten ;-)

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