Freitag, 3. September 2021

Tag 41: Es fährt kein Zug nach irgendwo

Bad Laasphe Netphen/Deuz
(27,1 km - 680 Hm auf - 630 Hm ab)

Wir schreiben Donnerstag, den 02. September 2021 und trotz aller (neuen) Angebote der Arbeitgeber (inkl. Corona-Bonus von 600,- EUR):

Ach, die GDL streikt mal wieder und bei der Bahn läuft nix ?!

Etwas NDW zu dieser Sache: Loks haben auch Gefühle


So bleibt dieses Gleis wohl leer, ich kann gemütlich zum Foto posieren und mir noch ein paar Gedanken über die GDL (und ihre Forderungen machen) sowie ihren Chef, der hartnäckig einen Platz auf der Liste der unbeliebtesten Deutschen verteidigt.

Corona-Bonus. Für Lokführer. Wirklich ?

Sind das nicht die, mit krisensicheren, quasi unkündbaren Jobs, die letztes Jahr für gleiches Geld deutlich weniger zu tun hatten (die Bahn hatte ja den Fahrplan ausgedünnt) und WENN sie etwas taten, quasi einen Chef-Einzel-Arbeitsplatz mit Aussicht hatten - garantiert ohne Publikums"verkehr" ?
Schrieb das Unternehmen nicht Milliardenverluste, weil die Bevölkerung beruflich und privat nicht reisen sollte/wollte/durfte und WENN dann möglichst nicht per "Shared Medium" ?

Deutschland, ich sehe schwarz für deine Zukunft:


Ich muß allerdings zugeben, der Schnappschuß oben war einem dunklen Wald und quasi Spotlight durch die Buchenkronen auf den Wegweiser zu verdanken ;-)

Heute lief es richtig gut bei traumhaftem Wetter. Kaum war der erste Hügel nach Bad Lassphe in flottem Tempo und gleichmäßiger Ansteigung überwunden, ging es steil bergab.


Im Tal angekommen ging's scharf links und dann erst den offenen Talgrund entlang.


Später dann entweder direkt am Fluß oder etwas oberhalb kilometerlang dre Quelle entgegen auf traumhaften Singletrails.


An einer größeren eingezäunten Weide mit einer Schafherde fiel mir ein kleines abgesondertes Schäfchen auf, was scheinbar direkt an meinem Weg mit dem Kopf im Zaun zu stecken schien.
Direkt vor ihm (außerhalb des Zauns) war schon alles kahl gefressen.


*Mmmmhh* sollte das ein besonders gewitztes Schaf sein oder eher eines vom Typ "Kühe sind manchmal Rindviecher 3.0" (Tag 096/2014) ?

Da nicht auszuschließen war, daß es (unfreiwillig) feststeckte, näherte ich mich langsam und unter Ansprache. Schürfwunden oder blutige Stellen waren nicht zu erkennen, das Schäfchen blieb auch ganz ruhig.

Kurz bevor ich es dann erreichte, klappte es das Maul zu, stellte die Ohren nach vorne, kippte den Kopf zur Seite und mit 1-2 Kopfdrehungen beim rückwärts Ausparken war es wieder aus der Drahtmasche befreit und lief mähend zu den anderen Schafen.

Naja, lieber 1x zu viel als zu wenig geschaut :-)


An der Ilsequelle auf 618 Metern über Normalnull dann eine kleine Pause - kurz vorher war es plötzlich ziemlich trubelig geworden, nachdem ich bis dahin den ganzen Vormittag nur zwei Wanderer getroffen hatte.
Scheinbar ist die Quelle ein Ausflugsziel und wie ich danach feststelle, der nächste Parkplatz auch nicht weit.


Die Abzweigung unweit der Quelle hätte ich ohne GPS dann mangels Markierung glatt wieder verpaßt.


Am Parkplatz wenige Minuten später, erwartete mich dann dieser Geselle:


Sehr gesprächig war er aber nicht.


Obwohl die Etappe heute mit gut 27 Kilometern recht lang ist, vergeht die Zeit wie im Flug.


Die Landschaft wechselt immer wieder von offenen Höhen mit Ausblick zu Wegen durch den Wald.


Auf einer Wald-Passage kommt mir dann auch eine gesprächigere Weitwanderin ntegegen. Sie ist den vorletzten Tag auf dem Rothaarsteig unterwegs, meint mich schon vor zwei Tagen getroffen zu haben und wir quatschen eine ganze Weile über Gott und die Welt, nachdem wir erstmal die Irritationen aus jener selbiger geschafft haben, daß wir beide quasi insgesamt Richtung Süden unterwegs sind, kürzlich noch in die gleiche und nun in die entgegen gesetzte Richtung (sie: Ost; ich: West) gehen.

Ja, sie war es wohl, die kurz mir eine Bank am Skulpturenweg räumte, die ich dann gleich für Mittagspause okupierte. 

So klein ist die Welt.
Oder: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben :-)


Die Sonne brennt heute auf den (Kahlschlag-bedingt) freien Höhen ganz schön vom Himmel, dafür daß September ist, aber die Temperaturen passen zum Spazieren und der Kopf ist ja geschützt.


Kurz vor dem Schlußspurt des Tages treffe ich am Waldrand eine Altherrentruppe aus der Gegend beim Bierchen.
Auf einem Kutschen-artigen Anhänger haben sie sich von einer kleinen Zugmaschine augenscheinlich hier hoch befördern lassen.

Ein angeregtes Gespräch beginnt und von den aktuell üblichen politischen Kommentaren, stechen drei weitere Themen für mich heraus:

1. Einer ist (vor ca. 60 Jahren) mit dem Bruder von Oberstdorf nach Flensburg gewandert: 5x5 Tage
Wow, auch bei direkter Linie ein ordentliches Tagespensum. 

2. Einer ist aus Deuz (meinem heutigen Tagesziel).

3. ALLE sind der Meinung, bis Deuz seien es noch mindestens 10 Kilometer.
Ich schätze SECHS.
Ein wildes Stimmenmeer prasselt auf mich ein, während ich das GPS konsultiere und mich auf 5,7 km Reststrecke nochmal nach unten korrigiere.

Jetzt sind die Herren erst recht aus dem Häuschen ("nie", "nichtmal Luftlinie", "das Gerät ist kaputt", "Du hast keine Ahnung", ...).

*Mmmh* EIGENTLICH hätte ich exemplarisch (manche würden vielleicht sagen "pädagogisch" ;-) mit dem Herren aus Deuz um mein Abendessen wetten sollen - er hätte es ja dann nicht weit zum Zahlen gehabt...

Immer über die Höhen gehe ich auf direktem Weg meinem Quartier entgegen...


... was ich nach gut und gerne 5,7 Kilometern erreiche.

Und hier fährt auch nach dem Streik kein Zug mehr:


Q.E.D.


Begegnungen:

- kleines Eichhörnchen

- Grünspecht

- große Libelle

- 2 Tageswanderer

- 2 Herdenschutzhunde und ein paar Schafe

- Schafherde mit Lamm mit Kopf im Zaun

- 3 Libellen

- Rothaarsteig-Weitwanderin an ihrem vorletzten Tag

- 1 Eichelhäher

- einheimische Altherren-Riege (mit bedingter Ortskenntnis) beim Bierchen auf dem Hügel

- 1 Reh


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