Mittwoch, 8. September 2021

Tag 45: Doppelt genäht, hält besser ?

Bad Marienberg Freilingen
(26,3 km - 460 Hm auf - 530 Hm ab)

Mit leichtem Gepäck (da ich, mangels freier Bettenkapazitäten in und um das heutige Zielgebiet Freilingen, die nächste Nacht auch noch hier im Jugendgästehaus verbringen werde) quere ich am Morgen direkt auf der Höhe durch den Wald hinter den Schulen hinüber zum E1.


"Ewiger Weg". So, so. Zuvor war ich schon an der Michael-Ende-Schule vorbeigekommen: "Die unendliche Geschichte" läßt grüßen.

Nur ein freundlicher Drache "Fuchur", der mich vom Ende der Etappe wieder zurück fliegt und am nächsten Morgen wieder dorthin bringt, fehlt mir.
Immerhin existiert augenscheinlich EINE Busverbindung am Nachmittag zurück nach Bad Marienberg und EINE brauchbare am nächsten Morgen zurück.

Nachdem das erste Waldstück durchschritten ist, sehe ich einen Mann (optischer Typ: Ranger) mit einem Garmin-GPS-Gerät an einer (kleinen) T-Kreuzung (NICHT zu verwechseln mit einer (großen) t-Kreuzung Herr und Frau M.) hantieren.

Er spricht mich an und erzählt mir, wo er hin will und fragt, wo ich denn hin will.
Bei einer 100%igen Schnittmenge von "Bodensee" können Joachim und ich ja auch gleich ein Stück zusammen spazieren. 


Der pensionierte Sonder-Pädagoge aus dem Norden war zu Fuß schon in ganz Europa unterwegs und aktuell geht er im Frühjahr und im Herbst den E1 durch Deutschland.
Allerdings doppelt.

Er ist alleine mit einem Wohnmobil unterwegs, war heute Morgen bereits fünf Kilometer der Markierung gen Flensburg gefolgt und just als er seinen Ausstiegspunkt vom letzten Mal erreichte, lief ihm der bärtige Bergpirat über den Weg. Nun geht es für ihn also erstmal das Stück in umgekehrter Richtung wieder zurück und er will die Gelegenheit zum Quatschen nutzen, wie er sagt, da ihm das abends/morgens alleine abgeht.

Ja, da haben sich ja zwei gefunden :-)
Pepi kann wahrscheinlich heute noch ein Lied davon singen, wie das ist, einen gesprächstechnisch sechs Wochen auf Diät gehaltenen Weitwanderer einen Tag (noch dazu bergab, wo die Luft GAR KEIN Problem ist) zu begleiten: Tag 054/2014 (Anmerkung aus aktuellem Anlaß: NEIN, ich hatte 2014 NICHT Olaf Scholz im Rucksack dabei - sondern einen echten Schlumpf !).


Nachdem wir in Unnau auf einer Bank unweit des Campers von Joachim noch etwas geplaudert hatten, trennen sich unsere Wege wieder, da ich heute noch ca. 20 Kilometer in Richtung Konstanz zu gehen habe und es gilt, um 16:38 Uhr den EINEN Bus zu erwischen, der da komme.

Erneut ein traumhafter Tag:


Dieser kleine Zeitgenosse, braucht sich keine Gedanken zu machen, ob er mit seiner Punker-Frisur auch wirklich ausreichend Aufsehen erregt, wenn sogar ICH ihn am Boden entdecke (sonst sichte ich als Hans-guck-in-die-Luft-Verschnitt ja eher Vögel - von denen ich die wenigstens kenne):


Etwas später muß ich mich dann fragen, ob entweder etwas in meiner frühkindlichen Erziehung schief gegangen ist oder ob ich schon etwas Alters-debil bin:


Mir dünkt, das nannte man bei uns früher "Zug" und nicht "Bulldog"...

Egal, lassen wir die Gedanken nicht sinnlos in weiten Schleifen schweifen, sondern gehen wir lieber geradlinig voran:


Bald erreiche ich den Gräbersberg, wo sich laut Wanderführer ein Aussichtsturm mit 33 Extra-Höhenmetern zwecks Ausblick anbietet.

Ah, I see:   


An dieser Stelle sei angemerkt (und ggf. klar gestellt): 
Ich bin Fräulein A. und Herrn M. wirklich (ernsthaft !) sehr dankbar für das Schreiben des Führers, all die Recherchen, das Anstupsen den E1 durch Deutschland überhaupt mal in Angriff nehmen zu wollen und insbesondere die persönliche Unterstützung bei jeglichem Bedarf und weitere Insider-Tipps, die gar nicht im Buch stehen.

Ich fremdele nur mit dem Zeitungs- und Verlagswesen, was deren seit Jahrzehnten nachlassende handwerkliche Qualität angeht (Sparen ist ja schön und gut, nur wenn am Ende nichts mehr Werthaltiges bleibt ?! - Stichwort: Coburger Tageszeitungen) und gerade bei Wanderführern und ähnlichem ist es mir ein Rätsel, warum die digitalen und kollaborativen Möglichkeiten fast gar nicht genutzt werden:
Warum schafft es dagegen beispielsweise der Österreichische Alpenverein ehrenamtlich u.a. für die ca. 7.500 Kilometer seiner zehn großen Weitwanderwege Aktualisierungs-Webseiten (kostenlos) bereit zu halten, wo Rückmeldungen aus der Praxis typischerweise nach 12-48 Stunden online stehen ? - Und da möchte ich gar nicht wissen, wie schnell das mit den Aktualisierung geht, wenn ein vertrauenswürdiger Einheimischer Meldungen macht !


Themenwechsel: Ich bin augenscheinlich ins Gebiet der "Glorreichen Sieben" einmarschiert:  


Wer jetzt an bekannte (und längst verstorbene) Persönlichkeite wie Yul Brunner, Steve McQueen, Charles Bronson, Horst Buchholz oder James Coburn aus der 1960er-Verfilmung oder Denzel Washington & Co aus der 2016er denkt, liegt natürlich nicht ganz falsch, aber ich sinniere aus aktuellem (politischen) Anlaß über etwas anderes - also auch nicht, warum es hier um sieben namentliche Weiher geht, die man bei uns teilweise schon "See" nannte:

Nein, mir kommt der Nockherberg von 2018 grinsend vor dem inneren Auge. Das Singspiel lasse ich Revue passieren. Bis zum Showdown.
Und mir dünkt, das KÖNNTE das Jahr mit dem "Super, Markus" bzw. "Super-Markus" gewesen sein.

Jahrelang hatte unser heutiger fränkischer Ministerpräsident doch am Stuhlbein vom Horst gesägt. 
NEIN, ein Söder sägt nicht (nur) an einem Stuhlbein, wenn dann macht er es "gscheid":
- Am ersten Bein sägte er.
- Am zweiten Bein setzte er einen Schock (= fünf Dutzend) genmanipulierte südostasiatische Riesenholzwürmer nach Diät aus.
- Am dritten Bein hebelte der Söder-Fanklub aus der Jungen Union.
- Und das vierte Bein, ja DAS bequatschte der Markus derart, auf daß der klügere nachgebe. 

Jedenfalls erhielt ich (ausgerechnet) in NRW UNGEFRAGT auf NICHT-durchgeführte politische Meinungsumfragen übereinstimmende, spontan kundgetane Aussagen aus der NICHT repräsentativ, aber gehäuft am Weg vorkommenden Wählerschaft, daß unser Markus mindestens 10% mehr Stimmen für CDU/CSU geholt hätte als der Armin.

OK, ich rekapituliere:
X + 10% bundesweit
Bei eigentlichem CSU-Anspruch
50% + X in Bayern

Wenn nun aber die CSU nach aktuellen Umfragen erstmals seit den überlieferten Aufzeichnungen der alten Ägypter UNTER 30% gefallen ist, müßte zumindest das eine X schon ziemlich negativ sein.

Aber den Armin kann das alles nicht verzagen: Warnte er doch die Tage die Prognostiker, daß sie doch schon Angst haben sollten, sich möglicherweise zu irren.

OK, sie können sich irren, aber ANGST brauchen DIESE Leute doch nicht zu haben - egal, wie es ausgeht - die machen halt ihren Job, mit den Mitteln, die State-of-the-Art sind. Ich bin mir allerdings NICHT sicher, ob das jeder Politiker in Deutschland gerade von sich behaupten kann.

Ganz böser Vergleich: Ob der Kriesenstab im Ahrtal an jenem Nachmittag wohl auch den Hydrologen geraten hat, Angst zu haben, daß die Prognosen nicht stimmen, statt die Bevölkerung rechtzeitig zu waren, um ggf. erleichtert sein zu können, wenn es nicht gar so schlimm komme...

Aber eines ist DEFINITIV gewiß: Uschi Glas wird am Ende NICHT - quasi als (entlehnen wir mal aus dem sog. Merz'schen Kompetenzsektor) weißer Ritter (der Begriff "Rothaut" könnte hier jetzt etwas unpassend sein) - die Bundestagswahl für die Union retten.


Zurück zum Weg, wo erneut kaum ein Wölkchen den blauen Himmel trübt:


Am Weg gesehen und auch nicht schlecht:


Der Dreifelder Weiher ist der größte der "Glorreichen Sieben":


Auf sehr hübschen Wegen geht es erst an jenem und später auch noch am Postweiher entlang.


Zwischendurch werde ich mal wieder als Auskunftsbüro angequatscht. Zuerst zweifle ich an mir, da die Stimme aus dem Nichts zu kommen scheint, dann entdecke ich Stimm-Quell-Dame doch noch auf einem Vogelbeobachtungsturm.

Kärntner Verhaltensbeobachter hatten die Tage ja die Theorie, daß ein großer Rucksack und vielleicht noch wettergegerbtes Äußeres einem in den Augen von Tageswanderern quasi Messias-ähnliches Wissen bescheinigen - nun, nachdem ich der Frau eine valide Antwort in Form einer Offenbarung überbracht habe, überlege ich noch kurz, zu versuchen direkt über's Wasser weiter zu gehen, bleibe dann aber doch meiner konservativen Lebenseinstellung treu.


Ok, ok, gerade jetzt werden die Aufgaben mit den X-en noch schwieriger und ich MUSS doch den Bus erwischen:


X4 + 2 ist eine stetige Funktion oder was will man mir hier per weißer Kreide auf der schwarzen Tafel beibringen ? 


Tja, wenn ich denn Flügel hätte, wäre es natürlich auch sehr leicht, zurück nach Bad Marienberg zu kommen...

Trotz aller Hürden und Hindernisse bin ich frühzeitig an der Bushaltestelle in Freilingen.

Umso unruhiger werde ich, als der Bus 463 einfach nicht kommt. Fünf Minuten nach der Zeit studiere ich gefühlt zum neunten Mal, ob hier WIRKLICH keine Sommerferien mehr sind.

Glorreiche sieben Minuten nach pünktlich kommt der Bus schließlich um's Eck und dem Fahrstil des Lenkers nach zu urteilen, ist unser Ziel bei diesem Ritt, bis Bad Marienberg einen Großteil der Verspätung wieder wett gemacht zu haben ;-) 


Begegnungen:

- Eichhörnchen

- Eichelhäher

- Joachim, der E1-doppelt-Wanderer mit dem Wohnmobil

- Gassi-Geh-Dame, die auf dem Golfplatz arbeitet, wenn sie nicht wandert

- Kleiber

- Milan

- unzählige Libellen aller Größen und in den Farben rot, grün und blau am Dreifelder und Postweiher

- Eichelhäher 

2 Kommentare:

  1. Hier der "echte" Aussichtsturm - sowas kann man schonmal übersehen, wenn man wie ein Dreijähriger mit der Trommel in der Hand auf den Spielplatz zulauft und daneben die ganze Welt vergisst :-)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Aussichtsturm_Gr%C3%A4bersberg

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  2. Mir dünkte eh schon, ich brauchte eine neue Brille... ;-)

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