Montag, 3. August 2020

Tag 10: Deich und viel Schaf

Itzehoe Westerhorn/Dauenhof
(23,2 km - 70 Hm auf - 70 Hm ab)

Kommen wir zuerst mal zur Auflösung des Quiz für die Daheimgebliebenen: 

Gesucht waren Lakenvelder Rinder
In der Blüte des 18. Jahrhunderts in den Niederlanden gezüchtet (und nicht exportiert), aber wer hat's erfunden: Man munkelt die Gürtelrindrasse käme wohl aus der Schweiz bzw. Tirol.

Der (undotierte) Preis für die schnellste Einsendung geht an einen urlaubsreifen bayerischen Lehrkörper.

Danach kann ich mich direkt vom Frühstückstisch weg gen Süden aus Itzehoe heraus auf den Weg machen. Weil heute Sonntag ist, habe ich eine Etappe mit Ziel-Bahnhof im Visier (im Gegensatz zu Bussen fahren Züge auch sonntags - zumindest im allgemein üblichen, wie man hier bereits wird angemerkt haben können).

Am südlichen Stadtrand gilt es den Fluß Stör zu überschreiten, was denn gleich mal ungeahnte Schwierigkeiten mit sich bringt: Eigentlich wird die in weitem Umkreis augenscheinlich einzige Brücke gerade für Fußgänger gesperrt - angeblich wäre das auch schon davor beschildert gewesen - nach einigem hin und her lassen mich die Bauarbeiter aber doch noch durch und so kann ich auf der anderen Seite dann gen Osten abbiegen.
Für die nächsten Stunden werde ich mich hinter dem Deich am Fluß entlang schlängeln.

Das Kaninchen auf dem Deich ist wirklich eines von der ganz schnellen Sorte: Kaum hat es mich erblickt, gibt es mal RICHTIG Gas und ist *schwupps* bereits auf der anderen Seite der Biegung in der Ferne zu sehen. Wie kann das sein ? 
Also entweder hat das auch so ein Knöpfchen wie die Regierung zu Hause oder die spielen mit mir Hase & Igel - nur umgekehrt. Auflösen läßt sich dieses Mysterium nicht mehr, meine Verblüffung bleibt.

Nach ein paar Flußbiegungen wendet sich dann der Deichgraf mit mahnenden Worten an mich:
Und ich mich danach der Dammkrone zu.

Von den netten Wollknäueln ist erst noch nichts zu sehen, aber nach einer Weile durchquere ich erst eine und passiere später noch eine zweite Schafherde, die hier Deichbefestigungsarbeiten auch sonntags durchführen. 
Bei Schloß Breitenburg verlasse ich die Stör und biege ab gen Süden. Ein Waldgebiet wird nach Osten hin durchquert, eine letzte Straße für sehr lange Zeit gekreuzt und dann geht es erst viele Kilometer den Breitenburger Kanal entlang (wegen des stehenden Gewässers habe ich auch erstmals auf der ganzen Tour mit Schnaken zu tun).

Auf der gegenüberliegenden Seite wecken Verbotsschilder alle paar Meter erst das Interesse mal über den Hügel zu schauen: Ein riesiger früherer Tagebau tut sich auf.
Einsam geht es den Wiesenweg immer weiter nach Osten. Der Kanal wird stellenweise wohl auch Moorkanal genannt.
Viele Libellen und absolute Einsamkeit sind unterwegs zu finden.

Am Meierhuser Weg stoße ich denn doch nach einigen Stunden wieder auf Zivilisation in Form einer Straße nach Süden und einem Anwesen mit skurriler Grundstückseinbuchtung, die mir mit der Bank als Rastplatz dient:
Zwischendurch raschelt es mal und die Katze des Hauses kommt auf kurzen Kontrollbesuch vorbei.

Nachdem der Weg einige Zeit an der Straße entlang führt, biegt die Markierung (zumindest laut meines GPS-Geräts - das mit dem weißen X ist ja so eine Sache ...) gen Westen ab.

Den Bogen verlängere ich noch ein wenig, da mir die Bodenkontrolle am Vortag noch die Besichtung eines alten Torfwerks (und zugehörigem Geocache) nahegelegt hat.
Der Abstecher lohnt sich, teilweise scheint das so wie die Schienen aussehen auch noch in Benutzung zu sein.
Und wer von den Österreichern hätte wohl gedacht, wofür Pistenraupen in Schleswig-Holstein eingesetzt werden:
Nun sind es keine vier Kilometer mehr bis Dauenhof, dem Bahnhof von Westerhorn.

Gerade als ich mir dort am Ticket-Automaten eine Fahrkarte kaufen will, weist mich ein Jugendlicher darauf hin, daß der nächste Zug wohl der letzte/einzige sein/bleiben wird, da die Bahn einen Bauzug aus dem Gleis geworfen hat (Link). Ein Mal mit Profis arbeiten. Das kann ja heiter werden. Und die guten Feen haben sonntags auch ihren freien Tag (sonst hätte ich mir wohl einen großen Kirow-Eisenbahnkran Baureihe 732 und eine starke Diesellok für den später noch vor uns liegen gebliebenen Zug gewünscht).

In Elmshorn beim Umsteigen ist dann die Hölle los, da von hier nach Hamburg nichts mehr geht und alle aus Kiel, Flensburg, Westerland hier nun in den Schienenersatzverkehr oder die S-Bahn wechseln oder Radeln müssen. Sonntag Nachmittag ist da ganz schön was los, gerade auch was Reisende mit Rädern angeht !

Ich beobachte dabei das lineare Ansteigen der Verspätung meines nächsten Zuges. Dummerweise mit der doppelten Geschwindigkeit bezogen auf die real vergehende Zeit. Ein recht ungeschicktes Verhalten, was das potentiell in Zukunft rechnerisch denkbare Zusammentreffen in einem (Zeit-)Punkt angeht.

Noch während ich darüber sinniere, wird die (noch nicht real existierende) Regionalbahn (samt ihrer Verspätung) auf das Nachbargleis verbannt und ich bekomme einen Regionalexpress (nächster Halt - also wo die Türen auch geöffent werden, nicht die gefühlt 13 unterwegs wegen Streckenblockierung - Itzehoe) präsentiert. Na, geht doch.

Auch wenn meine Rückreise nach Itzehoe statt knapp 60 Minuten letztlich deutlich länger als zwei Stunden dauert und ich die Regensachen wegen der Verspätung noch für die 500 Meter bis zum Hotel brauchen werde, kann ich doch von Glück sagen, daß das alles irgendwie läuft.

Zum Tagesausklang genehmige ich mir zum zweiten Mal hier Fisch (Matjes an Senf-Honig-Dill-Dressing mit Bratkartoffeln). Ich glaube, ich bin so langsam richtig im Nooorden angekommen:

Begegnungen:
- 1 (schnelles) Kaninchen
- ganz viele Schafe auf dem Deich
- kleine blaue Libellen
- große braune Libellen
- 1 Stubentiger bei der Mittagsrast
- 1 Kaninchen
- 1 nettes Ehepaar aus Frankfurt auf dem Weg in den Fahrradurlaub im Zug


3 Kommentare:

  1. Die Pistenraupe dient der Einstimmung - Du wirst unterwegs auch noch durch Salzburg kommen, wo ein Schilift den Berg hinaufführt. Dort steht bei der Talstation auch eine Pistenraupe, die nicht viel weniger lang ist als die gesamte Piste - und Du bist dort übrigens noch seeehr weit weg von Österreich.

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    1. Es gibt gefährliche Gratwanderungen. Eine der gefährlichsten führt keineswegs über den Watzmann, sondern zwischen Spoilern und Appetitanregen entlang.

      Also immer schön die Balance behalten, mein Lieber ;-)

      Grüße ins deutschsprachige Ausland,
      K2.

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