Dienstag, 11. August 2020

Tag 19: Im zweiten Anlauf

Soltau Faßberg/Müden (Örtze)
(33,7 km - 150 Hm auf - 170 Hm ab)

Kurz nach meinem Start in der Fußgängerzone von Soltau fallen mir gleich mal diese beiden Herrschaften auf:

Nur wenige Meter weiter identifiziere ich dann aber auch eine Wanderin aus Fleisch und Blut. Sie ist in zu Hause in Bremen gestartet und möchte eigentlich auf eigenen Wegen zur Tochter nach Berlin spazieren. Da ihr die Hitze gerade zu schaffen und wenig Freude macht, geht es nun aber erstmal zum Bahnhof und in einer Stunde nach Hause: Pause, bis es kühler wird.

Noch ist es aber noch gar nicht so heiß und bereits kurz nach der Fußgängerzone geht es unter der Eisenbahn durch, scharf nach links und ab ins Grüne.

Der Titel für den heutigen Blog-Eintrag stand bereits fest, da mein Vater mir die Tage (aktuell reserviere ich immer drei Quartiere im voraus) im zweiten Anlauf doch noch ein Zimmer direkt in Müden reservieren konnte, was bei meinem Anruf am Tag davor noch nicht storniert (und somit frei) war. Dadurch sollte sich die Strecke auf ca. 31 km begrenzt halten.
So der PLAN.
Wie viele zweite Anläufe sich aber heute ergben sollten, damit war nun wahrlich nicht zu rechnen ...

Apropos, liebe Leser: 
Was machen die Anläufe, Theorien oder auch einfach Schätzwerte zum Thema Länge der (Brat-)Wurst ?
Tipp: Geht um den Rohzustand !

Bis Brock führt der Weg geradewegs nach Süden, dann erstmal in östliche Richtung.

In der mittlerweile prallen Sonne wird die A7 mal wieder gequert: Das gehört ja mittlerweile quasi zur täglichen Routine.
Die A7, als längste Autobahn Deutschlands (Link), führt auf knapp 1.000 Kilometern übrigens von Flensburg bis Füssen und wenn man in Memmingen nach Lindau abbiegt, wäre das wohl der direkteste Weg zum Bodensee.
Aber FAHREN ?
Am besten in der Hitze noch ohne Klimaanlage, weil defekt (gell, Susanne ;-b) ?
Und deswegen gleich nachts fahren (und noch weniger sehen) ?

Da sieht man ja nichts.
Da riecht man ja nichts.
Da hört man ja nur Lärm.
Da fühlt man ja nichts (durch die weichen Sohlen).
Da schmeckt man ja nicht das gute Essen unterwegs.

Denn doch lieber weiter zu Fuß durch Deutschland ...

Und gequert wurde auch der 10. Längengrad, doch zum Nordpol ist es immer noch näher als zum Äquator oder so ähnlich:
Apropos, wegen gestern: 
Der Jäger sieht den Bären im Westen, geht nach Norden, schießt nach Süden.
Und NEIN, das ist jetzt nicht wie im Coburger Land, wo früher der Osten im Westen, Norden sowie Osten und der Westen im Süden war. 


Wobei es nach Amerika nun auch gerade nicht mehr weit ist:

Vermehrt treffe ich heute auf zwei Straßentypen: 
Die einen sind Panzern (und Militärfahrzeugen) vom Kommandanten oder anderen verboten, die anderen sind jenen vorbehalten und zwischendrin muß ich auch noch davon lesen, daß neben mir im Wald von der Feld-Artillerie-Stellung 21 
ggf. Gefahr droht - wenn sie schießen. Letztere Logik finde ich unbestechlich, insbesondere so lange ich nichts höre - zumindest dürfte dann die zweite Salve noch nicht unmittelbar einschlagen.

Insgesamt ist heute der Asphalt- und Freiflächen-Anteil etwas höher als die letzten Tage, der Wind allerdings dankenswerterweise auch etwas erfrischend stärker.

Selbst im Sand bin ich der zweite Anlauf, da sich vor mir eine Spur in der der Spur findet. Ich nehme das als Herausforderung und versuche genau in die Fußstapfen meines unbekannten Vorgängers zu steigen.

Nach dem Siebenarmigen Wegweiser geht es mal wieder zwischen den Feldern über die freie Fläche durch die sengende Hitze, als ich bereits am Horizont zwei kleine Wanderpünktchen auf mich zu marschieren sehe.

Jana und Malte sind mit dem Zelt auf dem Weg "mindestens" bis Hamburg und haben zwei Wochen dieses Jahr Zeit. Die Rucksackgröße von Jana weiß zu beeindrucken und die Schuhe von Malte: Ich habe gewettet, daß die Krokodilsmäuler NICHT bis Hamburg durchhalten (wenn sie schon am zweiten Tag dieses Jahr SO aussehen ;-) !
Haltet mich bitte auf dem Laufenden, Ihr beiden, wem von Euch ich das Bier (oder ähnliches) schulde - das war der Trick zu einer unparteiischen Schiedsrichterin immer vor Ort, quasi auf Ball- also Fußhöhe zu kommen :-)

Am Wietzer Berg vorbei führt der Weg zum Hermann-Löns-Stein in einem typischen Heideumfeld, wie es das Klischee (und die Touristen) nun mal so erwarten.

Bis Müden ist es für müde Krieger nun auch nicht mehr weit und ich mutmaße mich auf dem heutigen Zielspurt. Wie man sich täuschen kann.

Am Landhaus Müden werde ich gleich mal an die Chefin verwiesen, die mir im Schatten und bei einer großen O-Saft-Schorle die etwas delikate Situation erläutert: Ein sehr älterer Herr (aber scheinbar nicht so fit und zäh wie Marianne, die gleichaltrig natürlich objektiv deutlich jünger ist ;-) hat sich in der größten Mittagshitze an das Erklimmen des Hügels zum Löns-Denkmal gemacht, was leider in einem Krankenhaus-Aufenthalt endete, so daß mein designiertes Zimmer nun von der besorgten Ehefrau noch belegt ist.

Die Wirtin organisiert mir in Windeseile wieder das von mir erst am Vortag stornierte Zimmer in der Jugendherberge (nun also dort der zweite Anlauf), bietet mir Transfer-Fahrt an (was ich natürlich strikt ablehnen muß - verbietet mir ja meine (Weitwander-)Religion) und wir Plauschen noch ein wenig, bis mein Glas leer ist.

Ich habe in Niedersachsen nun an dieser Stelle gleich wieder die Gelegenheit beim Schopfe gepackt (nachdem vergissmiNET das in Schleswig-Holstein schon für einen schlauen Zug hielt, mir die lokale Quelle einfach per Bus anliefern zu lassen), mir bei einem Glas Orangensaftschorle auf's Haus zusätzlich gleich noch ein paar Infos aus lokaler, erster Hand abzugreifen:

1. Der Ortsname "Müden" kommt von "Münden" und hat somit mit den Flüssen und der Faulheit des weggelassenen "n" zu tun und nichts mit Erschöpfung.

2. Wenn (weibliche) Wanderer mit Gepäcktransport EIN Gepäckstück auf 31 Kilogramm aufrüsten, ist das mindestens als unverschämt zu bezeichnen (was da wohl alles drin war ? Glätteisen und Make-up erklären das nicht ansatzweise, wie erfahrene Breitenberg-Wanderer wissen). Am Flughafen hätte man die Dame wohl mit gelb-rot des Feldes verwiesen.

3. Der Rüstungsbetrieb Rhein-Metall hatte früher die größte Heidschnuckenherde der Welt: Irgendjemand mußte ja all die niedersächsischen Schießbahnen freifressen - und nachdem das Soldaten nicht mehr zuzumuten war ...

Frage des Tages: Sind Heidschnucken nun Kriegsgerät oder zumindest "Dual-use" tauglich und somit deren Ausfuhr stark reglementiert ?

4. Ob jetzt mehr Heidschnucken dem Wolf oder den Balkenmähern zum Opfer gefallen sind, ist umstritten. De-facto wird die Heide heute im Frühjahr (heimlich, bevor die Touristen kommen) maschinell von Büschen und Bäumen befreit.

5. Einen Geheimtipp für den besten (und nettesten) Weg zur Jugendherberge direkt an den Flüssen entlang, erhalte ich noch gratis obendrauf.

The trail provides !


Frisch gestärkt und mit viel gutem Zuspruch der Wirtin schwebe ich quasi die letzten Kilometer, die ich mir eigentlich (also ursprünglich) ja nicht auch noch zugetraut hatte. Aber im zweiten Anlauf ...

Am Ende zeigt das GPS-Gerät 33,7 km Tageskilometer bei 33,7°C.
Puh, geschafft. Morgen dann wieder nur gut 20 Kilometer zur Erholung.


Begegnungen:
- ältere Wanderin aus Bremen mit Ziel Berlin
- nette ältere Dame mit Hund
- 1 Eichelhäher
- Jana und Malte mit dem Zelt auf dem (Heidschnucken-)Weg mindestens bis Hamburg
- nette Wirtin des Landhaus Müden

10 Kommentare:

  1. Warum sollte eine Kronacherin mit einem Coburger über Wurstlängen diskutieren. Fängt doch schon damit an, wie man ein Brötchen anschneidet... wobei dieser Artikel ist wohl von euch gekauft....https://www.wikiwand.com/de/Bratwurst

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    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    2. Daß in gewissen Breiten Frankens (Bratwurst-)Brötchen - also halbe Semmeln (NEIN, nicht die bayerischen, sondern die Doppelten) je nach Konfession aufgeschnitten werden, ist eh klar. Müßig darüber mit einer Flüaßerin zu diskutieren.

      Apropos: Erinnert mich an meine Tagesaufgabe aus Wien ...

      Liebste Grüße an den Feind,
      K2.

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  2. Gar nix habe ich mit dem Bus anliefern lassen - Dir ist wohl die Hitze zu Kopfe gestiegen! Frevler! Meinen Leumund da in aller Öffentlichkeit so anzupatzen *schnaub*

    Dir schicke ich nochmal einen Pferdekopf!

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    1. Äh, Sie mißverstehen mir: ICH hatte mir Stefan - das wandelnde, wandernde und radfahrende Norddeutsch-/Schleswig-Holstein-Lexikon - doch per Bus zur Etappe nördlich von Hamburg anliefern lassen.

      Sie sind wohl immer noch etwas C880 ? ;-b

      K2.

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    2. Stefan Behrens14 August, 2020 23:21

      Oha! Danke für die Blumen!

      auf-und-davon

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  3. Verstehe nicht warum man über die Länge DER Bratwurst überhaupt diskutieren muss. Die ist vom Bratwurstmännle doch ganz klar vorgegeben.

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  4. Antworten
    1. Korrekt !

      Es gibt nur EINE Art von Bratwurst, die auf Feuer mit Kiefernzapfen ("Kühle") gebraten wird. Laut allgemeinem Lebensmittelrecht dürfte man diese Wurst (wegen des rohen Eis) auch eigentlich gar nicht produzieren, aber in einem kleinen Dorf in Gallien (oder so ähnlich) ...

      Schöne Grüße an den wieder Heimgekehrten (?),
      K2.

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