Donnerstag, 6. August 2020

Tag 14: Auf verschlungenen Pfaden

Rellingen Hamburg/Neuenfelde
(27,9 km - 250 Hm auf - 270 Hm ab)

Bereits um 07:45 Uhr mache ich mich heute in Rellingen auf die Socken. Es soll ein richtig heißer Tag werden.

Sehr weit komme ich aber erstmal nicht, denn bereits kurz nach der Überquerung der A23 spricht mich ein Radfahrer von der Seite an, ob ich wohl auf dem E1 unterwegs wäre.

Mensch, der scheint sich auszukennen, denn ich bin ja weiterhin (einen letzten Tag) auf der recht wenig bekannten Westvariante unterwegs.

Wie sich herausstellt, ist Marcel auf dem Te-Araroa-Trail in Neuseeland (Link) auf das Fernwandern gekommen. Zusammen mit der Freundin hatten sie sich u.a. auf E1-Abschnitten in Schleswig-Holstein darauf vorbereitet. Und nachdem sie DORT (also am anderen Ende der Welt) von einer Alpenüberquerung von München nach Venedig gehört hatten, steht diese Ende August 2020 auf dem Programm - zumindest die erste Hälfte, weil aus Urlaubsgründen ein Throughike nicht möglich war.

Na, da kann ja gerade ICH nur viel Spaß und viel Glück wünschen und wenn es mal Probleme unterwegs gibt, einfach im München-Venedig-Forum melden - dort ist ja jemand meines Namens auch immer mal unterwegs ;-)

So, jetzt muß aber Marcel mal weiter auf die Arbeit und ich sollte langsam auch mal Land gewinnen, will ich doch heute nicht nur bis Blankenese an die Elbe, sondern auch nochn auf die Südseite übersetzen und den ersten Teil der nächsten Etappe bis Neuenfelde gehen.

Schon kurze Zeit später, zeigt mir eine kleine Feldmaus, wo es hier aus dem bebauten Gebiet Pinnebergs raus in die Natur geht.

So viele Richtungsänderungen wie heute habe ich vermutlich in den letzten fünf Tagen in Summe nicht absolviert.

Grob geht es gen Südwesten und zur Querung der Landstraße 103 wird noch ein großer Bogen absolviert, bevor im Südosten die Randgebiete von Hamburg tangiert werden.

Hatte ich mich zwischen Flensburg und Schleswig schon mit dem vorher zumindest bereits vom Schlagwort her bekannten "Radschnellwegen" befaßt, so gewinnt heute das P&R (Park & Reit) eine ganz neue Bedeutung: Augenscheinlich gibt es hier Pferdeschnellwege direkt in Richtung Stadt !
Diese müssen auch gar nicht extra beschildert werden, den ein Fußgänger oder gar ein Radler tut sich DEN Belag nicht freiwillig an. Beim Queren ist mangels Unterführungen oder Brücken dann halt immer höchste Vorsicht geboten, um nicht unter die Hufe zu kommen ! 

Und von wegen, das Leben sei kein Ponyhof:
Kurz danach sehe ich dann auch den Fußgänger-/Radfahrer-Ersatz zur A23 des motorisierten Verkehrs:

Nach viel Wald und von Bäumen/Hecken gesäumten Sträßchen erreiche ich Sülldorf.

Die Siedlung wird recht flott durchquert und schon ist man wieder mitten im Wald. Nun geht es über Stock und Stein, bergauf/bergab und letztlich über wilde Trampelpfade an Blankenese vorbei zum Elbhochufer.

Direkt gegenüber der Airbus-Werften in Finkenwerder (auf der anderen Elbseite) muß dies wohl eine Art Arbeiterviertel sein:

Mitten zwischen den Grundstücken (manchmal auch via Treppen in der Luft darüber hinweg oder durch Unterführungen untendrunter durch) der Hamburger Pfeffersäcke kann man hier flanieren - es darf einem nur niemand spiegelbildlich (also auch mit großem Rucksack) entgegekommen: Das würde schon in Corona-freien Zeiten vermutlich zum GAU führen.

Ich habe Glück: Mir begegnet auf all diesen schmalen Weglein (das oben abgebildete ist noch die Komfort-Version, wo ich nicht schon alleine anecke) NIEMAND.

Erst kurz vor dem Fähranleger in Blankenese auf Strand-Niveau treffe ich wieder Menschen.

An der Fähre ist ein Einheimischer dann gleich super-nett und behilflich, wie er mich so beim Studieren von Fahrplänen und Preistafeln so sieht.

Erschwerend kommt hinzu: Es ist gerade noch Ebbe und - wie er mir erklärt - wird sich in wenigen Minuten zeigen (die Fähre kommt gerade an), ob sie überhaupt schon auf die Südseite übersetzen kann.

Ich habe Glück (dafür muß er noch warten): Zumindest bis zum Sperrwerk wird mich die Fähre bringen, wenn auch (mangels Wasser unter dem Kiel) nicht bis nach Cranz.

Während wir so in stark reduziertem Tempo zwischen den Schlickbänken hindurch tuckern, traue ich meinen Augen kaum: War das nicht eben ...
Nun, da heißt es, genauer hinzusehen: Jo, da ist wieder das Köpfchen mit der Schnauze. Ein Seehund !

Am Sperrwerk Neuenfelde muß ich mich jetzt erstmal neu orientieren und überquere dann das Werk gen Osten, um an einer Fabrik entlang noch ein wenig Schatten suchend gen Süden wieder auf die Markierung zu stoßen.

Auf dem zweiten (zurückgesetzten) Deich marschiere ich nun in der sengenden Nachmittagssonne einige Kilometer bis zu meinem Tagesziel.

Bänke und/oder Schatten sind absolute Mangelware und die Wassersprenkler der Obstplantagen des Alten Landes reichen partout nicht bis auf den Deich, aber mich kann man so leicht nicht verschaukeln:

Das Plätzchen ist doch wie gemacht für mich.

Schnell noch die Details zum Quartier heraussuchen und schon bin ich wenige Minuten später da und kann endlich die qualmenden Stiefel von den Füßen bekommen. 

Hamburg ist erreicht. Konstanz ist somit nicht mehr weit !


Begegnungen:
- Marcel (Te Araroa-Trail-Begeher, München-Venedig-Aspirant)
- 1 Libelle
- kleine Feldmaus
- 2 Libellen
- nette ältere Dame in Süllendorf
- 1 Buntspecht
- hilfsbereiter Einheimischer am Fähranleger Blankenese
- 1 Seehund

7 Kommentare:

  1. Hi Kai,

    vorfahrtberechtigter Pferdeschnellweg ähnlich wie hier nahe Reykjavik?
    https://www.dropbox.com/s/x0fybo4yp0h0rr1/20130324_IMG_36103.jpg?dl=0

    Viele Grüße

    Frank

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  2. Schoen von Dir zu lesen... liebe Gruesse von down under, R & S

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    1. Hallo Ihr.

      Ich hoffe, es geht Euch gut !
      Bei uns hört man immer nur Hiobsbotschaften aus Melbourne/Victoria.

      Liebe Grüße ans andere Ende der Welt,
      K2.

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  3. Gratulation zur ersten Bundesland-Durchquerung und gleichzeitig viel Spaß bei den Schnucken!

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    1. Das zweite (kleine) folgte ja auf dem Fuße und kaum hatte man es betreten, war man schon wieder raus.
      Von den Schnucken habe ich bisher nur Abbildungen gesehen, aber ich halte mich an die diesbezüglichen Vorschriften und meinen (inneren Schweine-)Hund kontinuierlich am Riemen :-)

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  4. Seehunde, die neuen Murmeltiere?

    Bin nach dem Urlaub nun bis hierher gekommen. Als "Fusslahmer" geniesse ich deine Zeilen, obwohl du dich bei diesem Sommerspaziergang als Flachländer betätigst.

    Weiterhin frohes und blasenfreies Wandern
    Liebe Grüsse Pepi und Frauen

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    1. Hoi lieber Leser.

      Willkommen zurück aus dem Urlaub und hier an Bord.

      Sonnige Grüße,
      K2.

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