Freitag, 14. August 2020

Tag 22: Zurück in der Einsamkeit

Celle Burgwedel/Fuhrberg
(21,9 km - 60 Hm auf - 50 Hm ab)

Der Tag beginnt in den engen Gäßchen der Celler Altstadt mit dem Spaziergang aus meiner kleinen Wohnung im Gästehaus drei Häuser weiter ins Cafe zum Frühstück. Morgens um 07:30 Uhr ist man da noch richtig einsam. Die Stadt scheint noch zu schlafen.

Der Zeitungsbote war aber auf alle Fälle schon da und wie ich so an meinem Tisch sitze und eine erste Tasse grandiosen "English Breakfast" schlürfe, fällt mir Schlagzeile der lokalen Tageszeitung ins Auge: Großeinsatz mit mehr als 500 Feuerwehrleuten und (unfreiwillige) nächtliche Camper (in ihren Autos) auf der Autobahn A7 im Heidekreis: Fast 30 Hektar Wald standen neben der Autobahn in Flammen, weil Böschung und das ausgetrocknete Unterholz durch den Funkenschlag des Pannen-LKWs wie Zunder in Brand gesetzt wurden (Bericht + Fotos).

Mensch, da habe ich ja nochmal Glück gehabt bei meinen A7-Schlängeleien (Timing ist eben oft alles), manchmal ist man zu Fuß eben sogar schneller als die Autofahrer und vor allen Dingen flexibler - zumindest was die Wahl der Wege und mögliche "Stauumfahrungen" angeht ;-)

Durch die menschenleere Celler Innenstadt spaziere ich gen Westen, durch den Park der Residenz geht es am mondänen Schloß vorbei:

Danach folge ich ein letztes Mal einem Stück des Heidschnuckenweges: Die Heide liegt zwar nun bereits hinter mir, aber da jener Weg ja von Westen in die Stadt hineinführt (im Gegensatz zumE1, wo ich am Vortag von Osten kam), begleitet er mich nun nach Westen hinaus.

Wer Heidekraut mit Erika/Erica (Link) gleichsetzt, begeht übrigens in der Regel (zumindest in der weltbekannten Lüneburger Heide) einen üblen Fauxpas, wenn man es genau betrachtet (und wie es einem die Infotafeln glaubhaft versichern): Was hier nämlich im relativ trockenen, sandigen Gebiet wächst, gedeiht und gerade blüht ist nämlich Calluna vulagris (Besenheide).

Ich muß mir in jedem Fall jetzt keine Gedanken mehr um Heide machen (weder das Kraut noch die Stadt in Schleswig-Holstein), sondern habe mich auf den Weg gen Südwesten ans Meer gemacht.
Bis dorthin ist es aber noch ein ganzes Stück, kurz nach der Stadtgrenze führt der Weg es erst idyllisch parallel zum alten Kanal und dann am Ortsrand von Wietzenbruch hinter den letzten Häusern am Waldrand entlang, bevor ich entgültig in den Niedersächsischen Staatsforst entschwinde.

Endlose Forstwege kennzeichnen fast die restliche Etappe und eine einzige Bank säumt de Weg: Nach 2,5 Stunden habe ich immerhin schon mehr als 12 Kilometer zurück gelegt. 

Immerhin: Hier kommt man gut voran.

Der Wald ist ziemlich menschenleer, einzig einen einsamen Radler treffe ich, der es auch alleine im Wald mag. Nachdem er realisiert, daß ich wohl so einer "wie sonst nur im Fernsehen" bin (wußte gar nicht, daß es Weitwander-Sendungen gibt ...), ist er so baff, daß es wirklich solche Menschen auch in der Realität gibt, daß er mir zugesteht - quasi ausnahmsweise - auch alleine durch "seinen Wald" zu spazieren :-)

Vor der Natur wird man auch noch gewarnt:
Tja, das Leben ist gefährlich und endet NATÜRLICH immer tödlich.

Die Markierungen sind hier aber echt top in Schuß und extrem zahlreich:
Kurz vor dem Tagesziel wird es nochmal ein wenig spannend: Bereits aus der Ferne erkenne ich, daß hier andauernd Autos von rechts eine 90°-Kurve schneidend und ordentlich Staub aufwirbelnd auf meinen asphaltierten Weg einbiegen und wegwärts brausen. In die Gegenrichtung ist ungefähr Verkehr im Verhältnis 1:50 unterwegs. Kurios. Evtl. ist auf der Landstraße 310 eine Sperrung, ein Unfall oder eine Ampel und die Ortskundigen nutzen diesen Schleichweg als Umfahrung ? 
Kurios wird es, als einer der Autofahrer mitten in der Kurve anhält und MICH fragt, ob es hier nach Hannover geht.
Was soll ich sagen ? - Von der Himmelsrichtung geht es definitv wegwärts. Mit dem Auto führt aber jeder Weg irgendwie am Ende schon dorthin, wo man hin will - alles nur eine Frage der Distanz und Zeit. Ich rette mich mal lieber neutral mit "keine Ahnung" - wobei einen Wanderer mit großem Rucksack und 3-Wochen-Bart als Autofahrer nach dem Weg zu fragen ... ?
Herr, schmeiß Hirn vom Himmel.

Die kurze 22km-Etappe endet bereits um 14:00 Uhr, da es tagsüber meist stark bewölkt war, ist es auch "nur" 30° warm geworden, dafür entlädt sich die Stimmung dann am Abend in einem ersten Hitzegewitter und mehrere anschließende Regenphasen sollten die nächsten Etappen zumindest etwas weniger staubig machen.

Morgen steht dann wieder eine lange Etappe an. Und eine A7-Querung (liebe Oma: natürlich ist dies NICHT wörtlich zu nehmen - ich bevorzuge Unter-/Überführungen :-)


Begegnungen:
- 1 großer Grünspecht
- 1 einsamer Radler im Wald
- 1 rote Libelle
- 1 Buntspecht
- 1 Mini-Reh (?)

1 Kommentar:

  1. Schon wieder geht's ans Meer ... nur dassd halt dort nicht glaubst dsssd schon am Ziel bist!

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