Als ich am Morgen das wunderbar ruhig gelegene Gästehaus schon fertig gepackt verlasse, um im Haupthaus des Hotels 800m weiter an der heutigen Strecke zu frühstücken, ruht der Ort augenscheinlich noch in sich. Von den Touristenmassen des Nachmittags davor ist nichts zu sehen, die Heidekutschen schlummern noch vor sich hin und deren 2 PS-Antriebe träumen vermutlich auch noch von Hafer, stolzen Hengsten und grünen Weiden.
Beim Frühstück ist schon jede Menge los (möglicherweise war das wohl doch schon früher möglich als offiziell ausgeschrieben, aber da ich heute nur knapp 20 Kilometer Wegstrecke vor mir habe, ist DAS nicht mein Hauptproblem in diesem Moment). Ich muß mich fragen, ob "Risikiogruppenmitglied" jetzt schon als Beleidigung zu werten ist oder man wegen Diskriminierung auf Grund des Alters dranzukriegen wäre, aber es ist schon SEHR auffällig, wie Corona-unbedacht hier gerade ältere Menschen der Kohorte 60-80 unterwegs und zu Gange sind: Ohne Mund-Nase-Bedeckung wird da neben mir ans Frühstücksbüffet gedrängelt, als gäbe es kein morgen. Und kein Virus.
Nun, die Mathematik der Wahrscheinlichkeit ist nicht bestechlich und russisches Roulette mit einem Revolver mit sehr großem Magazin und genau einer Kugel bleibt - nichtsdestowenigertrotz - ein Spiel mit dem eigenen bzw. Leben anderer.
Ja, was soll man da nur sagen. Am besten suche ich das Weite in der Weite - dorthin bin ich ja sowieso gerade unterwegs ...
Zu Beginn steht heute quasi eine Sonderprüfung an: Die bekanntesten Wanderkilometer Nord-Deutschlands - wenn man dem Wanderführer trauen kann:
Helden hat das "Rennen zu den Wolken" hervorgebracht, Mythen geschaffen auf der staubigen Schotter- und Sandpiste hinauf auf den Gipfel (Link), wo die Luft bereits so dünn ist. 156 Kurven (viele davon in Haarnadelform) auf 19,99 Kilometern bei durchschnittlich 7% Steigung bis zum Peak.
Als Audi noch für "Vorsprung durch Technik" stand (es waren die 1980er-Jahre) und ein Regensburger Rennradfahrer (der heute wohl Porsche bevorzugt) als Rookie am Zenit seiner sportlichen Karriere (Spitzname: "Der Lange") alle anderen Europäer und die Einheimischen sowieso alt aussehen ließ, hatten die Ingenieure den Allrad-Antrieb aus den Geländewagen in die Serie und den Sport gebracht. Kombiniert mit riesigen Spoilern und Leichtbauweise blieb der Berg immer im Blick: Zunächst war da der Berg (1987)
In den 1990ern setzte sich dann der permanente Vierradantrieb auch bei den Wanderern in Form von Teleskop- bzw. Klappstöcken durch. Leichtbauweise erst in Aluminium, seit Jahren bevorzuge ich natürlich Karbon. Und so fliege ich heute quasi hinauf, dem Gipfel entgegen. Statt Spoiler habe ich allerdings einen Ballasttank auf dem Buckel und statt knapp 600 nur Bruchteile eines PS zur Verfügung, von Finnen, Italienern, Franzosen oder Golfs mit gleich zwei Motoren war nichts zu sehen/zu hören/zu riechen, aber eines kann ich Euch sagen: Gestaubt hat's genauso und ich habe NICHT ein Drittel meiner Leistung verloren (und das ganz ohne E-Antrieb) !
Nach etwas mehr als 10:47.850 min erreiche ich zwar nicht Pikes Peak (der Deutsche Berg), 14.110 Fuß aber immerhin den Wilseder Berg, 169 Meter - Füße gehe ich dieses Jahr eben eher in der Länge/Weite als in der Höhe.
Man kann es sich aber auch einfacher machen:
Später wird der Totengrund passiert, wobei der Totempfahl erst deutlich später am Weg auftaucht.
Jedenfalls geht es immer wieder mal durch offene Heidelandschaften, Wälder bzw. über sandige (= anstrengend + staubig = dreckig) Wege am Wald entlang bzw. durch die Felder.
Da ich mich ja immer sklavisch an meinen Wanderführer halte, ist zwischendrin noch die Pflicht zu erledigen: Ruhen - im Schatten der Eiche. Oder so ähnlich. Vielleicht war das die Kür und die (tägliche) Pflicht kam erst danach ?
Bereits nach vier Stunden Gehzeit erspähe ich mein Quartier in Bispingen. Höchste Zeit für eine Waschmaschinenladung Entstaubung !
Die 400-Kilometer-Marke wurde heute übrigens auch durchbrochen.
Begegnungen:
- Ehepaar aus dem Frankfurter Raum mit erwachsener Tochter und Hund aus Göttingen
- Familie mit Kindern aus dem Hessischen
Oder um es mit vergissmiNET zu sagen: Link
Und hier kreuzen sich mal wieder unsere Wege. ;-) In Bispingen habe ich letztes Jahr erstmals Rast gemacht. Ok, mit vier Rädern und einem T6 California obendrauf. Zu meiner Verteidigung muss ich aber auch sagen, dass ich nur 4 Wochen Zeit hatte und zwei Tage später meine Frauen in Oslo am Flughafen abholen musste.
AntwortenLöschenWeiterhin "gut Lauf"!
Das mit dem Streß mit den Frauen kenne ich ;-)
LöschenDu bist aber auch überall unterwegs.
Hinweis zur Sicherheit: Das Steinhuder Meer liegt (noch) nicht im Tessin :-b
K2.
Lieber Kai
AntwortenLöschenNatürlich ist es auch im Tessin wunderschön. Aber nein, auch so weit im Süden kenne ich dieses Meer. Sogar schon 3 Schaumburger Dosen gefunden. ;-)