Donnerstag, 13. August 2020

Tag 21: Auf in den Kampf

Hermannsburg/Dehningshof Celle
(21,6 km - 100 Hm auf - 120 Hm ab)

Nach einem ordentlichen Frühstück schon 15 Minuten vor der Zeit stehe ich letztlich sogar 30 Minuten vor dem berechenbaren Abmarschzeitpunkt am Start. Zeitgleich macht sich noch ein Ehepaar ebenfalls an den Aufbruch gen Süden.

Geschwindigkeit, Wegbreite und die Wellenlänge paßt und so werde ich heute mit Barbara (Musikerin) und Juliusz (Physiker) gemeinsam, angeregt plaudernd bis hinter Scheuen gehen, wo sich der E1 dann mal wieder (abkürzend) vom Heidschnuckenweg verabschiedet. Der E1 führt letztlich nämlich östlich in den Etappenzielort Celle, wohingegen der Heidschnuckenweg die Stadt im Norden umgeht und westlich in die Stadt führt.

Barbara ist sofort angeregt am Schnacken und auch der sonst im Bereich von 2-4° Kelvin arbeitende Juliusz (zuständig für Kühlanlagen am Hamburger DESY) taut ratz-fatz auf. Dabei ist es heute morgens sogar angenehm bedeckt und dadurch nicht gleich wieder so heiß. Erst gegen Mittag zeigt sich wieder der "unerbittliche" blaue Himmel - nun, immerhin bin ich - im Gegensatz zum Keller in der Hofmannstraße in Erlangen - nicht schon wieder abgesoffen (gut, daß die Bodenkontrolle auf den Färöern sich auf 14 Personen schöpfendes und wischendes Bodenpersonal im Untergeschoß des Towers zu Hause verlassen kann).

Wir haben heute ganz andere Probleme: Ohne Brille kann ich die ganzen rot-weißen Absperrbänder, die wohl mit irgendeiner Jagd beschriftet sind, gar nicht so richtig lesen, im Gegensatz zur Musikerin, die nicht nur bestimmt das Gras wachsen hören kann, sondern auch die Schüsse, kann ich diese erstmal guten Gewissens ignorieren - höre ich nicht. 
Als dann allerdings die direkten Angriffe der Hubschrauber aus der Luft erfolgen und der Solo-Wanderer in Sichtweite vor uns von einer ganzen Ladung schwer getroffen wird, fangen wir schon an, uns ein paar Gedanken zu machen.
Die Anflüge aus der Luft gehen im Akkord weiter. Links und rechts von uns erfolgen die Abwürfe. Als der Rauch sich verzieht und wir noch alle (unverletzt) am Leben sind, ziehen wir schnell weiter.

Das Rätsel, was die NASA mit dem fetten PickUP im Wald zu suchen hat, klärt sich dann schon mal: Romantisches PickNICK unter einer mächtigen Eiche am Rand der Wildecker Teiche:

Die Schüsse höre ich dann irgendwann auch: Frequenz und Dauer deuten aber darauf hin, daß entweder gerade eine komplette Büffelherde abgeschlachtet wird (unwahrscheinlich) oder daß es eher weniger Jagd, sondern mehr Militär ist, welches hier in der Gegend übt. Apropos üben: Mit Neu-Tsellis gibt es östlich unserer Route sogar ein ganzes militärisches Übungsdorf !

Bleibt die Frage nach der abgeworfenen Substanz: Chemische Kampfmittel ? Biowaffen ? - Agent Orange dürfte es ja kaum gewesen sein.
Die Ersatzbodenkontrolle hat folgende (glaubhafte) Theorie: Kalk.
Die Meinungen gehen zur düngenden Wirksamkeit für den Wald zwar auseinander, aber auch in Nordbayern wird wohl (teils mit anderen technischen Verfahren) eine entsprechende Ausbringung durchgeführt.   
Leute, das kann aber auch ins Auge gehen !!!

Die Zeit mit Barbara und Juliusz aus Buxtehude ist wie im Fluge vergangen und so trennen sich kurz vor dem Flugfeld südlich von Scheuen unsere Weg (obwohl mich ja für die Zukunft schon noch interessieren würde, ob es nach Medizin und Kirchenmusik nun bei Physik als Start-Studienfach für den hochbegabten Sohn bleiben wird - aber das fragen sich die beiden wohl auch ;-): 
Ich muß nun geradewegs zwischen gefühlt 42 Warn-/Verbotsschildern hindurch direkt über die Startbahn (erinnert an den Einheimischenpfad auf São Tomé) und die anderen beiden wenden sich nach Westen. 

War nett und kurzweilig mit Euch und nach Karin auf dem Weg nach Schleswig (Tag 02) auch mal wieder eine Wanderbegleitung direkt von unterwegs !

Schon wieder eine verkehrsrechtliche Frage: In Deutschland und Europa haben ja einige sehr wichtige Verkehrszeichen (Vorfahrt, Stopp, Vorfahrt-Achten, ...) eine besondere geometrische Form, um sie beispielsweise auch bei Schneegestöberbe/verdeckung (Kinder: Schnee ist diese weiße Zeug in der kühleren Jahreszeit (wenn es am 24.12. beispielsweise nur noch +20° hat), von dem Euch Eltern, Großeltern und Urgroßeltern immer erzählen, daß es das FRÜHER - da war ja alles besser - immer jeden Winter gab) noch erkennen zu können.
Aber wie ist das jetzt mit geschlossenen Ortschaften, wenn die Form zwar eindeutig, das DING mangels Inhalt aber namenlos unent-/geschlossen ist ?

Rechts überholen ?
50 ?
Und kommen wir mal zu den wirklich wichtigen Dingen im (Wander-)Leben: Links oder rechts laufen ?

Durch die Vororte von Celle nähere ich mich der Aller und über eine große Brücke extra für Radfahrer und Fußgänger gelange ich quasi direkt in die Altstadt, wo ich auch mein Quartier für die Nacht reserviert habe.

Hier sind die E1-Markierungen auch etwas spezieller und expliziter:

Am späten Nachmittag stromere ich noch ein wenig durch die Altstadt mit ihren hunderten hübschen Fachwerkhäuschen und dann kommt wieder die Sache mit dem (unnützen) Wissen: In der Nähe einer typischen 60er-Jahre Karstadt-Kaufhof-Bausünde muß es doch dieses Haus geben. Dieses spezielle. Also das, was eigentlich aus zwei Teilen besteht.

Wußte ich es doch:
Wie war der Spruch von Barbara am heutigen Vormittag: "Wenn die Handwerker doch einmal so arbeiten würden, wie sie es bei sich zu Hause gerne hätten." 
Da wurden wohl die linke und die rechte Haushälfte von zwei konkurrierenden Firmen erstellt und keiner wollte sich eingestehen, daß die Bauplätze vertauscht wurden ...

Ich glaube, man kann/sollte mit mir wirklich nicht zwei Mal irgendwohin gehen. Die Zeit heilt vielleicht (sprichwörtlich) alle Wunden, aber sie tilgt augenscheinlich nicht alle Erinnerungen.

Und irgendetwas anderes war mit "Celle" noch. Ah, wußte ich es doch, ich war in Celle doch schon mal zu Fuß. 2014. Tag 095: Graz - Monaco


Begegnungen:
- Barbara und Juliusz aus Buxtehude
- 1 Hubschrauber mit Zementbehälter
- 4 Libellen

2 Kommentare:

  1. Stefan Behrens15 August, 2020 00:00

    https://celler-presse.de/2020/07/23/klosterforsten-kalkung-in-der-revierfoersterei-miele-gegen-boden-versauerung-hubschrauber-starten-im-august/

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    1. Hallo Stefan.

      Wenn wir Dich nicht hätten !

      Vielen Dank für die Validierung der Theorie,
      K2.

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